Wien/Washington – Es ist die wohl letzte Chance, um eine totale Blamage im ersten Jahr seiner Amtszeit zu verhindern. Nach einer langen Reihe von gescheiterten Gesetzesinitiativen versuchen die Republikaner und das Weiße Haus unter Präsident Donald Trump, zumindest die von ihnen versprochene Steuerreform durchzubringen.

Heute, Donnerstag, soll nach wochenlangen Debatten ein erster Gesetzesvorschlag dazu im Repräsentantenhaus vorgestellt werden.

Die Republikaner wollen Steuern stark senken, geplant sind billionenschwere Steuererleichterungen für Haushalte und Unternehmen sowie einige Maßnahmen zur Gegenfinanzierung.

Doch hinter den Kulissen ist die Partei offenbar nach wie vor tief gespalten. Gestritten wird vor allem über Fragen, wie mit Besserverdienern und reichen Erben umgegangen werden soll. Ursprünglich hatte die republikanische Parteiführung vorgeschlagen, die Erbschaftssteuer in Höhe von 40 Prozent komplett abzuschaffen.

In den USA gilt eine Freigrenze von aktuell 5,4 Millionen US-Dollar. Erst für jeden Dollar darüber fällt die Abgabe an. Nur eine kleine Gruppe von Erben ist somit betroffen.

Widerstand gegen kompletten Entfall

Doch innerhalb der Republikaner gibt es Widerstand gegen eine komplette Streichung, weil Wohlhabenden damit besonders geholfen wäre, wie die "New York Times" berichtet. Auch über die Senkung des Höchststeuersatzes für Arbeitnehmer von 39,6 auf 35 Prozent wird unter dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Republikaner gerungen.

Zu heftigen Debatten innerhalb, aber auch außerhalb der USA führen weiter die geplanten Reformen im Unternehmenssteuerrecht. Die USA wollen den Unternehmenssteuersatz von derzeit 35 auf 20 Prozent senken.

Ein umstrittener Punkt ist, wie mit den im Ausland gebunkerten Gewinnen der großen US-Konzerne umgegangen werden soll. Das US-Steuerrecht hat derzeit einen extraterritorialen Ansatz; Gewinne von amerikanischen Konzernen sind in den USA zu versteuern, bis ein Steuersatz von 35 Prozent erreicht ist.

Im Ausland gezahlte Körperschaftsteuern werden angerechnet. Doch gilt diese Regel nur, wenn ein Unternehmen seinem Gewinn "heimholt", also etwa Dividenden auszahlt. Solange ein Konzern seine Finanzmittel im Ausland parkt, fällt keine Steuer in den Vereinigten Staaten an. US-Unternehmen horten daher viel Geld im Ausland.

Die Republikaner planen, das System umzustellen und den extraterritorialen Ansatz abzuschaffen. Sie möchten im Gegenzug die Gewinne in der Fremde mit einer Abgabe belegen.

Das Institute on Taxation and Economic Policy (ITEP), ein Washingtoner Thinktank, hat vor kurzem die Bilanzen der 500 umsatzstärksten US-Unternehmen analysiert. ITEP ist der Frage nachgegangen, wie viel Geld diese Firmen wo genau im Ausland geparkt haben. Die Summen sind beachtlich: 2.600 Milliarden fanden die ITEP-Experten. Diese Mittel wurden bisher nicht nach US-Recht versteuert.

Vier Unternehmen ganz vorn

Auf nur vier Unternehmen, Apple, den Pharmakonzern Pfizer, Microsoft und den Mischkonzern General Electric, entfällt ein Viertel dieser Summe.

Nur gut 60 Unternehmen gaben bekannt, was sie an Steuern im Ausland bezahlt haben, und berechneten selbst, wie viel Steuern sie in den USA nachzahlen müssten. Rechnet man diese Summe auf alle hoch, schulden die 500 Großen dem_Fiskus 750 Milliarden US-Dollar.

Die Analyse zeigt zudem, dass die effektiven Steuerraten für viele US-Unternehmen im Ausland sehr niedrig sind. Die 60 erwähnten Konzerne mussten ihre Gewinne demnach mit gerade einmal 6,1 Prozent versteuern.

Diese niedrige Steuerlast ist laut ITEP nur möglich, weil die Unternehmen ihre Gewinne in sehr vielen Fällen in Niedrigsteuerländern verbuchen, wo kaum Abgaben anfallen. Von den 500 größten US-Unternehmen verfügen 366 über Tochtergesellschaften in Ländern, die von ITEP als Steueroasen definiert werden. Am beliebtesten sind die Niederlande, Singapur und Hongkong (siehe Grafik). Über fast 10.000 Tochterunternehmen verfügen die 366 Firmen in Steuerparadiesen. (András Szigetvari, 2.11.2017)