Kein anderes Organ reagiert auf mangelnden Sauerstoff so extrem wie das Gehirn – dieser Umstand gibt der Medizin seit Jahren Rätsel auf. Die Lösung entdeckten jetzt Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) am Universitätsklinikum Essen zusammen mit ihren Kollegen vom Akademischen Krankenhaus in Maastricht (UMC+).

Ein Schlaganfall entsteht durch ein Blutgerinnsel, das eine Arterie im Gehirn verschließt. Durch die Sauerstoffunterversorgung können Teile des Gehirns absterben oder dauerhaft geschädigt werden, so dass schwere Lähmungen oder Sprachstörungen entstehen.

Eine entscheidende Rolle spielt hierbei das Enzym NOX4. Bei Sauerstoffmangel wird es in verschiedenen Organen und Muskeln produziert, wirkt sich aber nur im Gehirn derart verheerend aus.

Warum das so ist, wurde nun bis auf Zell-Ebene entschlüsselt: Es zerstört die Blut-Hirn-Schranke, die das Gehirn vor Infektionen schützt und die Signalübertragung für Hirnfunktionen gewährleistet.

Fundamentale Erkenntnisse

Obendrein löst das Enzym eine Art Selbstzerstörungsmechanismus in Nervenzellen aus. "Wird das NOX4-Gen jedoch ausgeschaltet oder das Enzym nach dem Schlaganfall medikamentös gehemmt, bleiben die Blut-Hirn-Schranke und das Gehirngewebe intakt", erklärt der Neurologe Christoph Kleinschnitz von der UDE. "Diese fundamentalen Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven, künftig Hirnschäden in Folge eines Schlaganfalls zu verhindern."

Das deutsch-niederländische Wissenschaftlerteam arbeitet nun daran, die Behandlung so schnell wie möglich für die klinische Anwendung weiter zu entwickeln. Die Ergebnisse ihrer Forschung lassen sich im Wissenschaftsmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (USA) nachlesen. (red, 4.11.2017)