Das iPhone X ist das meisterwartete Smartphone des Jahres und für Apple eine große Bewährungsprobe. Zehn Jahre nach dem ersten iPhone wagt der Konzern erhebliche Änderungen an dem Produkt, das Apple zum wertvollsten Unternehmen der Welt gemacht hat. Dies lässt sich das Unternehmen auch einiges kosten.

Das iPhone X ist mit einem Preis von mindestens 1.149 Euro das bisher teuerste Apple-Smartphone. Dafür will der Konzern nach Jahren kleinerer Änderungen am iPhone allerdings auch einiges bieten: einen Blick in die Zukunft des Smartphones.

Die Rückseite und die Vorderseite des iPhone X sind aus Glas. Rundherum findet sich ein Rahmen aus Edelstahl.
Foto: Daniel Koller/derStandard.at

Fast randloses Smartphone

Diese ist bei Apple fast randlos. Anstatt der üblich dicken Ränder besteht das iPhone X auf der Vorderseite fast nur aus Bildschirm. Der typische Home-Button, der bisher als zentrales Steuerungs- und Entsperrungselement diente, wurde entfernt.

Stattdessen wird beim iPhone nun nicht mehr gedrückt, sondern gewischt und mit dem Gesicht entsperrt. Auf der oberen Vorderseite des Geräts findet sich hierfür eine Einkerbung, die mehrere Sensoren und Kameras beherbergt. 30.000 Infrarot-Punkten werden durch diese auf das Gesicht des Trägers projiziert und gleichzeitig mit einem hinterlegten Abbild abgeglichen.

Mit dem Gesicht entsperren

Apple nennt dieses Feature Face ID, das im Test ähnlich zuverlässig und schnell wie die Entsperrung mittels Fingerabdrucksensor funktionierte. Um das Smartphone zu entsperren, reicht ein kurzer Blick auf das Display des Geräts. Ein geöffnetes Schloss signalisiert den erfolgreichen Gesichtsscan, und nach einem Wisch erwartet den Nutzer der Homescreen.

Mit Schal, Sonnenbrille und Haube hatte Face ID im Test keine Probleme – bei geschlossenen Augen und einem beiläufigen Blick auf den Bildschirm wurde nicht entsperrt. Dann bleibt aber immer noch die Code-Entsperrung. Die Gesichtsscans werden übrigens lokal und verschlüsselt gespeichert.

Das iPhone X kann mittels Gesichtsscanner entsperrt werden – Apple nennt dies Face ID. Das System dazu ist in der Einkerbung im oberen Bildschirmrand zu finden.
Foto: derStandard.at/Pichler

Statt drücken nun wischen

Hinsichtlich der Steuerung des Smartphones ist es mit dem Wegfall des Homebuttons nun so, dass man stattdessen wischt. Apps werden mit einem Wisch von unten nach oben geschlossen, der App-Switcher wird mittels Wisch am unteren Bildschirmrand aufgerufen und das Kontrollzentrum mit einem Wisch neben der Einkerbung nach unten.

Daran hat man sich sehr schnell gewöhnt und vermisst den Homebutton keineswegs. Vielmehr fühlt sich die Navigation dadurch deutlich flinker an. Einziger Kritikpunkt ist die Geste für das Kontrollzentrum – diese ist selbst mit größeren Händen bei einhändiger Nutzung nicht allzu leicht zu vollziehen.

Wie man das iPhone X bedient.
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Mit der Größe den "Sweetspot" getroffen

Insgesamt liegt das iPhone X mit einer Bildschirmdiagonale von 5,8 Zoll und einem Gewicht von 174 Gramm sehr gut in der Hand. Das Smartphone (143,6 x 70,9 mm) ist etwas größer als das aktuelle Standard-Modell (138,4 mm x 67,3 mm) und kleiner als die Plus-Version (158,4 x 78,1 mm) – nach zweitägiger Nutzung hat man das Gefühl, dass Apple hier den "Sweetspot" getroffen hat.

Aufgrund der gläsernen Rückseite und des Edelstahlrahmens ist es allerdings so, dass das Smartphone leicht aus der Hand rutschen kann – die Verwendung einer Hülle lohnt sich somit.

Ein Größenvergleich der unterschiedlichen iPhones: links das iPhone 6, in der Mitte das iPhone X und rechts das iPhone 6S Plus.
Foto: derStandard.at/Pichler

Besserer Bildschirm dank OLED

Apple setzt beim iPhone X beim Bildschirm ferner erstmals auf OLED statt auf LCD. Dies soll einerseits lebendigere Farben mit sich bringen, andererseits intensivere Schwarztöne. Insgesamt wirken die Farben auf dem iPhone sehr natürlich und nicht überwaschen. Zudem ist es Apple gelungen, dass die für OLED-Displays typische Farbverschiebung auf ein Mindestmaß reduziert wurde.

Zudem wird beim iPhone X mit einer Auflösung von 2.436 x 1.125 Pixel erstmals die Full-HD-Grenze durchbrochen. In Puncto Display-Schärfe gab es beim Apple-Smartphone aber nie etwas zu bemängeln. Und auch beim iPhone X kann der der Bildschirm absolut überzeugen. Die Einkerbung auf der Oberseite des Displays wirkt übrigens nur anfangs wie ein Fremdkörper. Nach einer Weile hat man sich daran gewöhnt.

Was iPhone X und iPhone 8 gemeinsam haben

Im Grunde war es das dann auch schon mit den größeren Änderungen gegenüber dem iPhone 8 (Plus). Das iPhone X weist ebenso Apples äußerst potentes A11-SoC auf, das in puncto Leistung die Konkurrenz bisher hinter sich ließ.

Auf der Rückseite setzt der Konzern ferner auf ein 12-Megapixel-Dual-Kamera-System mit einem Tele- und Weitwinkelobjektiv, das bereits beim iPhone 8 Plus verbaut war und sehr gute Bilder liefert. Neu ist, dass beide Linsen nun einen optischen Bildstabilisator aufweisen.

Drahtloses Laden und ohne Klinkenstecker

Drahtloses Laden ist ferner ebenso möglich, und in puncto Geräteschutz erreicht man auch die IP67-Klasse, kurze Tauchgänge sollten somit unbeschadet überstanden werden. Einen Klinkenstecker sucht man zuletzt weiterhin vergeblich.

Stattdessen können die mitgelieferten Lightning-Kopfhörer verwendet werden. Vor Veröffentlichung des iPhone X gab es Berichte, dass das Smartphone mit Apples Bluetooth-Kopfhörern AirPods ausgeliefert wird – angesichts des hohen Preises ist es schade, dass dem doch nicht so ist. Für 179 Euro können die AirPods nachgerüstet werden.

Der Porträt-Modus wurde nun auf die Selfie-Kamera ausgeweitet. Der Tiefenschärfe-Effekt ist allerdings noch ausbaufähig.
Foto: Daniel Koller/derStandard.at

Animojis und Porträt-Modus bei Selfie-Kamera

Weiters verpasst man bis auf Animojis – Emojis, die mittels Gesichtsscanner animiert werden – und den Porträt-Modus bei der Selfie-Kamera keine neuen iOS-Funktionen. Insgesamt wirkt das Betriebssystem gepaart mit der neuesten Hardware allerdings wie ein limitierender Faktor.

Es ist somit abzuwarten, was Apples Fokus auf künstliche Intelligenz und Augmented Reality mit sich bringt. Der Wow-Effekt bei Animojis, der Sprachassistentin Siri und aktuellen AR-Lösungen blieb bisher aus.

Animojis beim iPhone X.
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Hässliche Überschneidungen und Akku-Laufzeit

Negativ fällt bei der Nutzung auf, dass viele Apps noch nicht für das iPhone X optimiert sind. Dadurch wird viel Platz verschenkt, und zum Teil finden sich auch unschöne Überschneidungen der User-Interfaces bei Dritt-Apps. Zudem ist die Akku-Laufzeit nur zufriedenstellend – einen Tag mit regelmäßiger Nutzung durchsteht das Smartphone, danach muss das iPhone X wieder mit Strom versorgt werden.

Quick Charging ist möglich, dabei wird das Gerät in 30 Minuten von 0 auf 50 Prozent aufgeladen – allerdings muss man hierfür ein neues Netzteil und Ladekabel kaufen, das nicht mitgeliefert wird. Die Zusatzkosten liegen hier bei etwa 90 Euro.

Fazit

Für das iPhone X spricht vieles: Face ID überzeugt, Bildschirm und Performance gefallen, und auch die Kamera liefert sehr gute Bilder. Zudem hat es das Unternehmen geschafft, einen gewissen Sweetspot bei der Größe zu treffen. Ob das Gerät den hohen Preis von 1.149 Euro wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Die Zukunft des Smartphones ist das iPhone X aber aktuell (noch) nicht. Die Akku-Laufzeit und das Betriebssystem sind nach wie vor ein limitierender Faktor. Bis es hier tatsächliche Innovation gibt, verbleibt das iPhone X ohne Frage allerdings eines: Apples bisher bestes Smartphone. (Daniel Koller, 5.11.2017)

Testaufnahmen

Foto: Daniel Koller/derStandard.at
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