Im Frühjahr feierte Sankt Petersburg den Eishockeyklub SKA, der zum zweiten Mal im Finale der KHL siegreich blieb und sich den Gagarin-Pokal sicherte.

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Moskau – Der Streit um die Olympiateilnahme Russlands spitzt sich zu – nun werden offenbar auch unbeteiligte Athleten zum Spielball. Die russisch dominierte Eishockey-Liga KHL droht mit einem Abstellungsverbot aller Spieler, sollte das Internationale Olympische Komitee (IOC) einen Komplett-Ausschluss Russlands beschließen oder russische Sportler nur als "neutrale Athleten" starten lassen.

"Das IOC demontiert die existierende Weltordnung im Sport", sagte KHL-Präsident Dimitri Tschernytschenko: "Wir akzeptieren die Situation nicht, dass das IOC Informanten und Kommissionen nachgibt und Sportler sperrt, auch wenn es keine Fakten für Dopingvergehen gibt." Sowohl ein Komplett-Ausschluss als auch ein Start unter neutraler Flagge würden der olympischen Bewegung "erheblichen Schaden" zufügen.

Tschernytschenko verwies dabei auch auf das Vorgehen der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL. Nach langwierigen Verhandlungen entschied die NHL, während der Winterspiele keine Pause einzulegen. Damit ist Spielern aus der NHL eine Olympiateilnahme nicht möglich. "Die KHL ist bereit, eine entsprechende Reaktion zu geben", sagte Tschernytschenko. In der KHL spielen insgesamt 27 Teams, 21 davon kommen aus Russland. Je einen Klub stellen Finnland, die Slowakei, Lettland, Belarus, Kasachstan und China.

Ein mögliches Abstellungsverbot würde das olympische Eishockey-Turnier weiter abwerten und viele Länder hart treffen. Durch das Aus für die NHL-Stars sind in vielen Ländern Spieler aus der KHL, die als zweitbeste Liga der Welt gilt, in den Fokus für Olympia gerückt. So stehen beispielsweise mehr als ein Dutzend KHL-Profis im vorläufigen Kader des Olympiasiegers Kanada, Tschechien berief 13 Spieler für den Karjala-Cup in Finnland im Dezember ein.

IOC wiegelt ab

"Das sind alles verfrühte Spekulationen, bevor die beiden IOC-Kommissionen ihre Arbeit überhaupt abgeschlossen und bevor rechtsstaatlichen Grundsätzen folgende Verfahren stattgefunden haben, auf die jeder Mensch und jede Organisation einen Anspruch haben", sagte ein IOC-Sprecher auf Anfrage. Eishockey-Weltverbandspräsident Rene Fasel erklärte laut Branchendienst insidethegames.com, dass ein Abstellungsverbot gegen die Regeln der IIHF verstoßen würde, denen sich die KHL unterworfen habe. Andererseits hat der Weltverband offenbar der NHL zugesichert, dass kein Nationalteam NHL-Profis für Olympia nominieren werde. Fasel weiter: Im Eishockey haben wir kein massives Problem mit Doping" Er sei, so der Schweizer weiter, gegen "Kollektivstrafen".

Erst am Mittwoch hatte das IOC den russischen Skilanglauf-Olympiasieger Alexander Legkow und dessen Teamkollegen Jewgenj Below lebenslang in allen Funktionen für Olympia gesperrt. Beiden wird vorgeworfen, vom staatlich gelenkten Dopingprogramm der Russen bei den Spielen 2014 in Sotschi profitiert zu haben. Eine Entscheidung über eine Bestrafung Gesamtrusslands will das IOC im Dezember fällen. Tschernytschenko war 2014 Chef des Organisationskomitees.

Seit der Veröffentlichung der zwei Berichte des Sonderermittlers Richard McLaren wird über eine Teilnahme Russlands an den Spielen in Pyeongchang gestritten. Mehrere nationale Anti-Doping-Agenturen hatten in den vergangenen Wochen einen Ausschluss der Sportgroßmacht gefordert. Zudem waren weitere Stimmen laut geworden, harte Strafen gegen Russland zu verhängen. Kanada brachte beispielsweise provisorische Sperren für russische Athleten ins Spiel.

Putin vermutet US-Druck

Dagegen warf Russlands Staatspräsident Wladimir Putin zuletzt den USA vor, das IOC indirekt unter Druck zu setzen, um einen Komplett-Ausschluss zu erwirken. Und machte dann seinerseits allerdings unmissverständlich klar, dass ein Bann oder der Start unter neutraler Flagge, "eine Erniedrigung des Landes" darstellen würde.

Der kanadische Rechtsprofessor Richard McLaren hatte Russland in zwei Berichten ein staatlich gelenktes Dopingsystem nachgewiesen – unter anderem während der Winterspiele in Sotschi. Dort waren Behälter mit Dopingproben mithilfe des Geheimdienstes geöffnet und der Urin der Sportler ausgetauscht oder manipuliert worden. (sid, 5.11. 2017)