
Die Wiener Linien haben ihre Daten veröffentlicht, ebenso die Linz AG und die Grazer Linien. Ansonsten sieht es bei Österreichs Öffi-Betrieben düster mit Open Data aus.
Seit über fünf Jahren bereits werden auf data.gv.at verschiedene Verwaltungsdaten veröffentlicht. Das reicht von Wahlergebnissen über den sogenannten Baumkataster bis zu Daten öffentlicher Verkehrsmittel. Besonders letztere gaben in den vergangenen Jahren immer wieder Anlass zur Diskussion. Denn längst sind noch nicht alle Daten für alle zugänglich. Die Verantwortlichkeiten werden auf Kosten von Entwicklern und Nutzern im Kreis herumgeschoben.
VAO-Service zu teuer für kleine Entwickler
Die Wiener Linien haben erstmals 2013 Fahrplan- und Echtzeitdaten verfügbar gemacht. Entwickler können diese Daten nutzen, um beispielsweise Apps mit Routenplanern anzubieten. Auch die Linz AG und die Grazer Linien haben Daten freigegeben. Aus anderen Regionen liegen solche Informationen nicht als Open Data vor. Sie laufen zwar von allen Verkehrsbetrieben zentral bei der Verkehrsauskunft Österreich (VAO) zusammen, die Abfrage ist dort allerdings kostenpflichtig.
Die VAO ist in diesem Zusammenhang schon öfter ins Visier geraten – vor allem jenes von Verfechtern von Open Data wie den Betreibern des Portals Offene Öffis. Entwickler Patrick Wolowicz sagte schon früher zum STANDARD, dass man die Verantwortung bei der VAO sehe, die Daten von den einzelnen Verkehrsbünden freizugeben. Dort landen nicht nur Daten von den regionalen Verkehrsbünden, sondern etwa auch von der ÖBB, der Asfinag und dem ÖAMTC.
Programmierer können damit bundesländerübergreifende Dienste anbieten – sofern sie zahlen. Entwickler, die die Schnittstelle der VAO ohne Vertrag nutzen, werden abgemahnt. Die verlangten Gebühren seien für kleinere Anbieter kostenloser Apps jedoch zu hoch, kritisiert Offene Öffis. Der Service ist auf Großkunden ausgelegt.
Bundeskanzleramt empfiehlt Datenfreigabe
Kritik an der VAO kommt nun auch von höherer Stelle. Das Bundeskanzleramt hat erheben lassen, welche Datensätze es noch gibt, die sich zur Veröffentlichung als Open Data eignen. – Und kommt in dem vergangene Woche veröffentlichten Bericht unter anderem auch auf die VAO. Konkret heißt es darin: "… in Kritik ist die Verkehrsauskunft Österreich geraten, da sie eine gemeinsame Informationsdrehscheibe für ganz Österreich darstellt, die das gesamte Verkehrsgeschehen abdeckt, ohne aber die Daten als offene Daten zur Weiterverwendung anzubieten. Es wäre daher empfehlenswert, die Daten der Verkehrsauskunft Österreich als Open Data anzubieten."
Die Aufbereitung der Daten und die Bereitstellung der Infrastruktur gegen Gebühren sind das Geschäftsmodell der VAO. Ohne diese Einnahmen würde ein großer Teil der Finanzierung wegbrechen. Bei Offene Öffis fordert man daher, dass die Politik die finanziellen Mittel bereitstellt. Eine Alternative wäre auch, dass die Rohdaten kostenlos zur Verfügung gestellt werden und nur die Aufbereitung kostenpflichtig ist.
Bei der VAO entgegnet man heute wie auch schon früher: Da das Unternehmen nicht Eigentümer der Daten der Verkehrsbetriebe ist, kann man sie auch nicht als Open Data zur Verfügung stellen, sagt Geschäftsführer Stefan Mayr zum STANDARD. Die Bereitstellung der Daten liege allein bei den Verkehrsbetrieben. Dass man Druck auf diese ausübe, die Daten nicht zu veröffentlichen, dementiert Mayr. Darauf habe man keinen Einfluss. Wie stellt sich also das Bundeskanzleramt vor, die VAO solle Daten veröffentlichen, die sie gar nicht besitzt? Dort heißt es diesbezüglich, dass man die Zustimmung der Dateneigner einholen müsste und das Bundeskanzleramt bei der Planung der notwendigen Schritte unterstützen würde.
Kein Interesse an Open Data
Bei den Verkehrsbetrieben hat man jedoch mitunter gar kein Interesse an Open Data. Der Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) etwa teilt auf Anfrage mit, dass die Optimierung des öffentlichen Verkehrs primäre Zielsetzung sei. Das gelte nicht nur für das Verkehrsangebot, sondern auch für die Routingservices. "Wir konnten bislang nicht überzeugt werden, wie eine eventuelle Freigabe aller Rohdaten zu qualitativ höherwertigen Enduser-Anwendungen als den unseren beziehungsweise denen der VAO führen könnte", so VOR-Sprecher Georg Huemer. Die Daten des VOR können daher weiterhin nur über den kostenpflichtigen VAO-Dienst bezogen werden.
Das Thema dreht sich im Kreis und frustriert Open-Data-Befürworter und Entwickler. "Wenn alle Verkehrsverbünde ihr Okay geben würden und die VAO sich finanzieren könnte, ohne pro Abfrage bezahlt zu werden, wäre der Kreis gebrochen", sagt Patrick Wolowicz zum STANDARD. Die Verkehrsbünde würden negative Bewertungen ihrer Apps und Entwicklerfeedback ignorieren. Für Nutzer ergebe sich der Nachteil, dass sie bei grenzüberschreitenden Routen mehrere Apps verwenden müssen. "Am Ticket verdienen die Verkehrsverbünde, nicht am berechnen der Route. Open Data über die VAO wäre der erste große Schritt zu dieser nahtlosen Zukunft", so der Entwickler. Durch Druck der Politik ließe sich das beschleunigen.
Laut dem Infrastrukturministerium (BMVIT), das an der VAO beteiligt ist, gibt es derzeit keine neuen Pläne zur Finanzierung. Sprecher Andreas Strobl wiederholt das Argument der Verkehrsauskunft, dass diese gar nicht im Besitz der Daten ist und sie daher nicht freigeben könne. Position der SPÖ und von Minister Jörg Leichtfried sei es aber, dass die Daten durch die Verkehrsbetriebe als Open Data freigegeben werden sollten. Dafür gebe es jedoch keine Mehrheit. (Birgit Riegler, 8.11.2017)