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Wien – Flexport gilt als Revolution in der globalen Logistik. Das Start-up mit Sitz im Silicon Valley in Kalifornien tritt an, den Frachtverkehr endgültig ins Internetzeitalter zu holen. Der gesamte Transportweg eines Guts wird digital abgebildet und läuft, transparent für den Kunden, auf einem übersichtlichen Dashboard zusammen.

Die gesamte Kommunikation zwischen allen Beteiligten am Transport vom Ursprungs- zum Zielort soll über die Plattform laufen. Der Kunde sieht nicht nur den aktuellen Status seines Transportauftrags, sondern kann auch verschiedene Statistiken abrufen. Diese Art der Kundenorientierung war bisher in der Logistikbranche unbekannt.

Das Unternehmen, das sich zuerst vor allem auf Transporte zwischen China und der US-Westküste konzentriert, gibt eine Ahnung davon, welche weitgehenden Veränderungen die Logistikbranche durch die Digitalisierung durchlaufen wird. Wesentliche Impulse dieser Erneuerung kommen weniger von etablierten Konzernen, sondern von Start-ups, hochspezialisierten Unternehmensprojekten mit zukunftsweisenden technologischen Kompetenzen.

Elf Milliarden Euro

Laut einer Marktanalyse der Strategieberatung Oliver Wyman wurden in den vergangenen zehn Jahren bei öffentlich bekannten Finanzierungsrunden weltweit elf Milliarden Euro von Logistik-Start-ups eingesammelt. Im Schnitt werde alle fünf Tage ein neues Logistik-Start-up gegründet. "Der Anteil am Geschäft ist heute zwar noch verschwindend gering. Ihre Rolle ist es aber, innovative Lösungen in die Branche einzubringen und sie damit nachhaltig zu verändern", sagt Studienautor Max-Alexander Borreck von Oliver Wyman.

Stand für Investoren bisher vor allem das Geschäft mit Endkunden im Vordergrund – im Transportbereich etwa Uber und Flixbus -, wandert der Fokus nun in Richtung Warenlogistik und den Geschäftskundenbereich. Ein absehbarer Trend ist die Etablierung neuartiger Frachtbörsen: "In der klassischen Spedition gibt es einen hohen Anteil standardisierbarer Geschäftsfälle. Derartige Fälle werden vollautomatisch auf digitalen Plattformen abgehandelt werden", erklärt Borreck. "Dann liegt in jenen komplexen Geschäftsfällen, bei denen der Mensch eingreifen muss, das Potenzial für Differenzierung zwischen Unternehmen."

Die Blockchain-Technologie, die auch hinter der Internetwährung Bitcoin steht, wird auch in der Logistik eine Rolle spielen. Die dezentralen Datenbanken, die einen aktuellen Stand der Dinge transparent und fälschungssicher wiedergeben, haben das Zeug dazu, Warentransport, Informationsfluss und finanzielle Transaktionen zu synchronisieren.

Kunden werden über den aktuellen Zustand der Ware genau informiert sein und beispielsweise dank Sensorik bei Pharmazeutika wissen, ob die Waren intakt und original sind. Geldwerte werden synchron zum Eigentumsübergang verschoben.

Vorreiter USA und Asien

Die Studienautoren zeigen auf, dass ein Großteil der Investitionen und Neuerungen aus den USA und Asien kommt. Deutschland mit seiner traditionellen Stärke im Logistikbereich komme dagegen zunehmend unter Druck.

Die großen Player in Europa sind deshalb gefordert, den Ball aufzunehmen. "Es gibt natürlich auch Leuchttürme unter den europäischen Start-ups. Wirkliche Neuerungen wie Flexport mit ihrem Anspruch, die gesamte Wertschöpfungskette digital abzubilden, kommen aber in der Regel aus den USA", sagt der Unternehmensberater.

Für Borreck gibt es auch in Österreich durchaus einige interessante Start-ups im Logistikumfeld. Er nennt etwa Teldalos, einen Dienstleister für lieferantengeführte Bestandshaltung aus Niederösterreich, und Cargometer aus Wien, wo ein System zur Frachtvermessung entwickelt wird. Dennoch: "Gemessen daran, wie groß die Logistikbranche in Österreich, Deutschland und der Schweiz ist, bleibt die Anzahl der Start-ups gering." (Alois Pumhösel, 9.11.2017)