Maximilian Pammer (BIG), Hubert Hasenauer (Boku), Architekt Dietmar Eberle, Annette von Hagel (PKS Strategieberatung), Christoph Chorherr (Grüne) und Brian Cody (TU Graz) über nachhaltiges Bauen.

Foto: Regine Hendrich

Wien – Die Mauern der Universität: Gebaut für die Ewigkeit – ein zu dramatisches Motto? Oder sollen gerade Hochschulgebäude einen beständigen Faktor in unserer schnelllebigen Zeit symbolisieren? Darüber haben Experten im Rahmen der zweiten von insgesamt drei Standpunkte-Diskussionen, die der STANDARD in Zusammenarbeit mit der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) veranstaltet, diskutiert.

Zu Beginn will STANDARD-Redakteurin Lara Hagen gleich wissen: Wie nachhaltig werden heimische Unis gebaut? Maximilian Pammer war als Abteilungsleiter des Bereichs Universitäten der BIG schon in vielen Neubauten und Sanierungen von Hochschulen involviert. Nachhaltigkeit sei nicht nur ein Trend. Die Unis selbst würden es sich zum Ziel setzen. Als BIG verfolge man eine Strategie, die "ergänzend nachhaltig" funktionieren soll: "Wir planen und errichten Gebäude so, dass wir spätere Veränderungen mit einem möglichst geringen Aufwand ermöglichen."

Der zukünftige Rektor der Universität für Bodenkultur, Hubert Hasenauer, verortet ein allzu verschwenderisches Verhalten. Als Forstwirt sei er es gewohnt, langfristig zu denken: "Nachhaltigkeit hat viel mit dem Zeithorizont zu tun." Dem kann Christoph Chorherr, Gemeinderat und Planungssprecher der Wiener Grünen, viel abgewinnen: "Fragen der Energieeffizienz sind irrelevant, wenn wir Gebäude bauen, die nach vierzig Jahren abgerissen werden. Heizen wir lieber ein bisschen mehr und sorgen dafür, dass die Gebäude länger stehen."

Langlebigkeit spielt eine große Rolle

Auch für Dietmar Eberle spielt Langlebigkeit eine große Rolle. Der Architekt kennt viele unterschiedliche Universitäten von innen; seit den 1980er-Jahren lehrte der Vorarlberger an verschiedenen Standorten weltweit. "Leute müssen das Gebäude lieben und schätzen", meint der Professor der ETH Zürich.

Die Diskussion über Lebenszyklen von Gebäuden steht und fällt nicht zuletzt mit der technischen Ausstattung. "Wir leiden heute darunter, dass die technischen Experimente oft nicht mehr rückbaubar sind", sagt Eberle. "Wir sollten funktionsspezifische Gebäude abschaffen." Ansprüche würden sich ändern, und die Wartung der Gebäudetechnik sei extrem teuer.

Dass Überlegungen hinsichtlich Lebenszyklen von Gebäuden bisher nur halbherzig angestellt wurden, gibt auch Architektin und Facility-Management-Expertin Annette von Hagel zu bedenken. Und das, obwohl man auf EU-Ebene das Ziel einer Recyclinggesellschaft verfolge. Allerdings – Bauen für die Ewigkeit, das werde man nicht mehr hinbekommen. Einen Grund dafür sieht sie in Planungsprozessen. "Oft wird erst an der Baustelle über weitere Schritte entschieden." Dann werde viel Material entsorgt, das im Anschluss nicht mehr benötigt werde. Der Verschleiß von sogenannter grauer Energie sei enorm.

Bauen für die Ewigkeit

Wie also weiter? "Man muss den Weg der intelligenten Einfachheit gehen", wirft Chorherr ein. Wenn man für die Ewigkeit baue, müsse man damit rechnen, dass alle zwanzig Jahre umgebaut werden müsse. Universitäten könnten als Vorreiter Vorschläge zur besseren Planung liefern, meint der Grüne.

Entweder man finde eine Struktur, die leicht anpassungsfähig sei und gegebenenfalls rückgebaut werden könne. Oder aber man "mauert für die Ewigkeit". Letzteres sei "vermutlich nicht das Richtige", sagt Brian Cody, der an der TU Graz das Institut für Gebäude und Energie leitet. Auch die Frage, welche Materialien verwendet werden, sei nicht die entscheidende. Vielmehr gehe es darum, dass der Betrieb der Uni funktioniere. Was zwischen den Laboren und Seminarräumen passiert, soll in den Mittelpunkt rücken. "Dort soll Austausch passieren." Persönlich und energietechnisch: "Produzieren Labore zu viel Hitze, sollen dadurch andere Räume geheizt werden."

Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: "Ich hoffe, dass wir die unselige Vorstellung des grünen Campus überwunden haben werden", sagt Eberle. Man müsse begreifen, dass Unis zu einer städtischen Struktur gehören. Ein weiterer Punkt, in dem sich die Diskutanten einig sind. (Vanessa Gaigg, 8.11.2017)