Viel Wiese, wenig Schnee – ein zunehmendes Problem für den Wintertourismus.

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STANDARD: Viele Seilbahn- und Skigebietsbetreiber haben wieder Millionen investiert, Anlagen verbessert, neue Lifte installiert, mehr Pistenkilometer bereitgestellt. Manche haben fusioniert. Der Hang zur Größe scheint ungebrochen.

Steiger: Die Realität bestätigt diesen Trend noch in gewisser Weise. Nach Zusammenschlüssen gehen meist die Übernachtungszahlen und die Umsätze nach oben. Aber der Effekt lässt nach.

STANDARD: In welchem Ausmaß?

Steiger: Im Durchschnitt steigen Nächtigungen im Folgejahr um rund zwölf Prozent. Bei älteren Zusammenschlüssen lagen die Steigerungen bei zehn bis 16, bei jüngeren bei null bis sieben Prozent.

STANDARD: Wie wichtig ist Größe für die Gäste?

Steiger: In einer unserer Studien wurde die Skigebietsgröße sehr weit hinten gereiht. Naturschneelage, Schneesicherheit und der Preis waren deutlich wichtiger.

STANDARD: Romantik zählt?

Steiger: Naturschnee ist quasi die heile Winterlandschaft. Aber wenn bis Dezember nirgendwo Naturschnee liegt, fahren die Leute auch in beschneite Gebiete. Beschneit wird, sobald es möglich ist. Das Risiko, ohne Schnee dazustehen, gehen die Betreiber nicht ein.

STANDARD: Die großen Skigebiete sind ziemlich hochgerüstet. Haben wir in Österreich Überkapazitäten?

Steiger: Die Kapazitäten sind zuletzt sicher stärker gewachsen als die Nachfrage. Österreich steht im Vergleich zu Märkten wie der Schweiz, Frankreich, den USA und Kanada aber noch gut da. Man erkauft sich hier die Nachfragesteigerung mit sehr viel Investition, weil man dadurch anderen Regionen Gäste abziehen kann.

STANDARD: Und innerhalb Österreichs? Werden die kleinen Skigebiete von den großen aufgerieben?

Steiger: Vergleicht man Skigebiete wie Annaberg oder Puchberg am Schneeberg, haben sie keine Chance. Es gibt aber gute Ansätze, sich eine Nische zu suchen oder mit öffentlichen Geldern den Sommer zu stärken.

STANDARD: Verzögert man damit nicht nur die Marktbereinigung?

Steiger: Überließe ich alles dem Markt, würde es sehr viele Skigebiete heute nicht mehr geben. Aber wenn die Arbeitslosigkeit steigt, wenn stärker abgewandert wird, wäre doch wieder die öffentliche Hand am Zug.

STANDARD: Oft sind Gemeinden beteiligt. Wird da viel Geld verbrannt?

Steiger: Jede Gemeinde will ihr Skigebiet erhalten. Aus regionaler Sicht ist das nicht immer sinnvoll. Politisch ist das ein heißes Eisen, weil Skigebiete mit viel Emotion verbunden sind. (Regina Bruckner, 9.11.2017)

Robert Steiger (42) lehrt am Institut für Finanzwissenschaften der Uni Innsbruck und beschäftigt sich mit Tourismus, Regionalentwicklung und den Folgen des Klimawandels.
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