Nach der Wahl war der Jubel groß. Die Siege der US-Demokraten beim "kleinen Wahltag" in mehreren Bundesstaaten waren am Dienstag eindeutiger ausgefallen als erwartet. Und schon sieht sich die Partei wieder auf der Siegerstraße. Die Perspektive, bei den Midterm-Elections im kommenden Jahr die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückzuholen, scheint plötzlich nicht mehr nur theoretisch. Und selbst das Jahr 2020, in dem man hofft, aus der Unzufriedenheit mit Donald Trump einen furiosen Sieg destillieren zu können, scheint nicht mehr weit weg.

Doch das alles könnte sich als Trugschluss herausstellen, vor allem dann, wenn die Demokraten aus ihren jüngsten Erfolgen die falschen Lehren ziehen. Es stimmt zwar, dass vor allem in Virginia der Sieg deutlich über den Werten lag, die Umfragen vorausgesagt hatten. Und auch auf lokaler Ebene, bei der Wahl des Bundesstaatsparlaments, konnten demokratische Kandidaten von der landesweiten Stimmung profitieren, die für sie derzeit günstig ist.

Aber anderswo sind die Alarmzeichen für die Partei noch nicht verstummt. Im Siegestaumel der Wahl in New Jersey ging etwa die Tatsache unter, dass Kandidat Phil Murphy den traditionell demokratischen Staat mit einem kleineren Vorsprung gewonnen hatte als Hillary Clinton bei der Präsidentenwahl 2016. Auch in New York legte Bürgermeister Bill de Blasio zwar einen fulminanten Sieg hin, seine Werte bleiben aber unter jenen vom ersten Erfolg 2014. Seine weitgehend unbekannte republikanische Konkurrentin Nicole Malliotakis brachte ihrer Partei Zugewinne. Das mag man mit der geringen Wahlbeteiligung und dem Gefühl erklären, dass die Wahl schon im Vorhinein entschieden war. Anlass, sich zurückzulehnen, ist es für die Demokraten aber gewiss keiner.

Der gleiche Fehler wie 2016

Vor allem aber fehlt es an verlässlichen Zahlen dazu, wie Angehörige jene Schichten diesmal abgestimmt haben, die 2016 Trump zum Sieg verholfen hatten. Sowohl in Virginia und New Jersey als auch in New York gibt es jene einstigen Arbeiterschichten mit Zukunftsangst, die Meinungsforscher als "Weiße ohne College" zusammenfassen, in vergleichsweise geringer Zahl. Die Unterstützer der Republikaner in dem Gebiet sind einer eher traditionellen, höher akademisch gebildeten Schicht zuzuordnen. Sie hatten sich von Trump schon im Vorjahr abgewandt. Dort, wo die "Weißen ohne College" leben, etwa im Westen Virginias, stimmten sie diesmal kaum anders als im Vorjahr – allerdings ging ihre Wahlbeteiligung zurück.

Und vor allem für diese Menschen haben es die Demokraten bisher nicht geschafft, eine glaubhafte Politikalternative zu den Versprechungen Trumps zu formulieren. Das Gefühl der Verlassenheit konnten sie ihnen bisher nicht nehmen. Wenn sie sich wegen der Ergebnisse vom Dienstag nun in Sicherheit wiegen und glauben, ein solches Angebot auch nicht finden zu müssen, dann könnte gerade der kurzfristige Erfolg zu ihrem Verhängnis werden. So weiterzumachen wie bisher, mit dem einzigen Argument, immerhin nicht Trump zu sein, wird nicht bis 2020 tragen. Es ist vielmehr genau jene Haltung, mit der man erst im vergangenen Jahr eine historische Niederlage eingefahren hat. (Manuel Escher, 9.11.2017)