Mit dem "Anschluss" im März 1938 begann ein riesiger Raubzug gegenüber der jüdische Bevölkerung. Bald begannen die Demolierungen und Plünderungen jüdischer Geschäfte. Zu sehen am Samstag in ORF 3.

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Wien – Beraubt, enteignet, vertrieben, ermordet: Der Boden war schon zuvor bereitet, danach wollten viele keine Zeit mehr verlieren. Bereits unmittelbar nach dem "Anschluss" im März 1938 begann die Auslöschung jüdischen Lebens in Österreich. Ein systematischer Raubzug, der beinahe an jeder Straßenecke sichtbar gewesen sei: "Man konnte es nicht nicht wissen", sagt Zeitzeuge Hans Hacker, dessen Familie vor 1938 eine Silberwarenfabrik in Wien besaß. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte dann niemand dabei gewesen sein. "Und keiner war ein Nazi", sagt eine andere Zeitzeugin, die in der zweiteiligen ORF-Dokureihe über Arisierungen, Der große Raubzug und Die verlorenen Jahre, zu Wort kommt – zu sehen am Samstag, 11. November, um 20.15 Uhr und 21 Uhr in ORF 3.

Weil viele Österreicher nur allzu eifrig waren, sich gleich nach dem Einmarsch Adolf Hitlers am 12. März 1938 die Wohnung ihrer jüdischen Nachbarn oder das Geschäft gegenüber unter den Nagel zu reißen, mussten sie von Berlin aus eingebremst werden. Die NS-Führung war von der Intensität überrascht. Das jüdische Vermögen sollte nämlich nicht der Bevölkerung zugutekommen, sondern in die Kriegsmaschinerie der Nationalsozialisten fließen.

Die anfänglichen "wilden Arisierungen" wurden mit Ende April 1938 kanalisiert und unter strenge staatliche Kontrolle gestellt. Die Abwicklung erfolgte über die neugeschaffene Vermögensverkehrsstelle. Die Bilanz des beispiellosen Raubs: 100 Bankhäuser, rund 950 Großunternehmen, 33.000 Klein- und Mittelbetriebe und 60.000 Mietwohnungen wurden in Österreich arisiert, tausende Existenzen vernichtet.

Manche Unternehmer schafften es noch, den Enteignungen zuvorzukommen, indem sie ihren Besitz verkauften. Etwa die Familie Kuffner, Besitzer der Ottakringer Brauerei in Wien.

Nach 1945 war die Opferthese von Österreich als dem ersten Opfer Hitler-Deutschlands jener Kitt, der das Gefüge lange zusammenhielt. Eine wertvolle Rekonstruktion liefert der ORF mit Archivmaterial und Zeitzeugeninterviews. (Oliver Mark, 11.11.2017)