Noch-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) sorgt sich um die Umsetzung der Bildungsreform.

Foto: apa/Neubauer

Wien – Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) warnt die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ davor, die von ihr initiierte Bildungsreform zurückzunehmen. "Es darf keinesfalls dazu kommen, dass der Rückwärtsgang eingelegt wird. Damit zerstören wir die Zukunft unseres Landes und die Lebenschancen unserer jungen Menschen", sagte Hammerschmid bei einem ihrer letzten Auftritte als Ministerin am Montag und appellierte an die "zukünftigen Verantwortlichen, die Schulautonomie ins Leben zu bringen".

Die Noch-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid von der SPÖ appelliert an die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ, das beschlossene Schulautonomiepaket nicht zu verwässern.
ORF

Die ehemalige Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität Wien wird künftig als Bildungssprecherin der SPÖ im Nationalrat tätig sein. "Natürlich gehe ich sehr traurig hier heraus", sagte Hammerschmid. "Ich habe mich wirklich sehr auf die Umsetzung des Bildungsreformpakets gefreut." Ihr Ministeramt übte sie erst seit Mai 2016 aus – Christian Kern holte sie ins Regierungsteam, als er Kanzler wurde.

Cluster und Modellregionen

SPÖ und ÖVP hatten vor dem Sommer mit den Stimmen der Grünen die Bildungsreform nach langwierigen Verhandlungen beschlossen. Im Zentrum stand dabei die Schulautonomie. Schulen können sich seither zu sogenannten "Clustern" zusammenschließen, Modellregionen zur Gesamtschule werden erlaubt. Auf besonders viel Kritik – vor allem von der Lehrergewerkschaft – stieß die Abschaffung der Klassenschülerhöchstzahl von 25 Schülern. Hammerschmid erhofft sich, dass durch größere Gruppen Ressourcen für Schwerpunkte an den Schulen frei werden.

"Diskutieren über Rauchverbot"

Nun fürchtet die Bildungsministerin, dass die Reformschritte wieder zurückgenommen werden. "Ich kann mich noch lebhaft an die Diskussionen in den Verhandlungen erinnern, und deshalb weiß ich, in welchen Dimensionen jetzt gedacht wird." Aktuell höre man von den Verhandlern zur Bildungspolitik gar nichts, "wir diskutieren über das Rauchverbot", kritisierte Hammerschmid.

Vorzeigeschule in Klagenfurt

Als Beispiel dafür, wie die beschlossene Reform von Schulen genutzt werden kann, präsentierte die Bildungsministerin gemeinsam mit Direktor Hubert Lutnik und dem Kärntner Landesschulratspräsidenten Rudolf Altersberger die HTL Mössingerstraße in Klagenfurt. Der Klassenverband soll dort für bis zu zehn Stunden pro Woche aufgehoben werden. Die Schüler können sich in diesem Zeitraum für Module anmelden, die sie interessieren – eine sogenannte "virtuelle Klasse". Die Kurse sollen jahrgangsübergreifend stattfinden, an den Projekten beteiligt sich das Technologieunternehmen Infineon als Kooperationspartner.

Hammerschmid mahnte zudem die Schließung "strukturellen Lücke" im Bildungsbudget ein. Für heuer mache diese noch 65 Millionen Euro aus, im nächsten Jahr fehlten rund 600 Millionen Euro. Dabei gehe es im Wesentlichen um Lehrergehälter, die insgesamt etwa 80 Prozent des Budgets ausmachen. "Hier Einschnitte zu setzen, wäre ein falsches Signal." (koli, 13.11.2017)