Der Fall eines Malerbetriebs war nur eines von vielen Beispielen: Lehrlingsbetriebe sollten weibliche Auszubildende schützen. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft bietet Workshops zur Prävention an.

Foto: Robert Newald

Wien/Graz – Seit die Schauspielerin Alyssa Milano im Zuge der Causa Weinstein Frauen unter dem Hashtag #MeToo dazu aufrief, von ihren Erlebnissen mit sexueller Belästigung und Übergriffen zu erzählen, haben das Millionen getan. Jene, die nun die Stimme erheben, kommen aus allen Teilen der Gesellschaft. Nicht nur aus der Welt des Showbusiness, auch Lehrlinge und Arbeiterinnen sind darunter.

Die Arbeiterkammer Steiermark berichtete am Montag in einer Aussendung, dass Anfragen und Beschwerden während der letzten Wochen deutlich zunahmen. Wie schon eine vorangegangene Studie der AK Wien Ende Oktober zeigte, sind gerade Berufseinsteigerinnen oft betroffen. Das dokumentiert ein aktueller Fall, mit dem die AK vor Gericht zog. Eine junge Frau, die sich zur Malerin ausbilden ließ, wurde bei ihrer Lehrstelle von Beginn an massiv belästigt: von männlichen Kollegen und auch vom Chef. Dabei müsste gerade der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht, die seit 1992 gesetzlich verankert ist, solche Belästigungen abstellen.

Auf der Leiter attackiert

Dem Mädchen wurde etwa, während sie auf der Leiter stand, von einem Kollegen von hinten zwischen die Beine gegriffen, ein anderer griff ihr auf den Busen. Als sie sich wehren wollte, wurde sie mit Schikanen bei der Arbeit "bestraft" und verspottet. "Geh, Mauserl, stell dich nicht so an", hieß es. Der Chef half nicht, sondern bat sie, ihn zu massieren. Bei einer außergerichtlichen Einigung bekam sie 3600 Euro Schadenersatz. Die Zeit der Übergriffe ist aber nicht spurlos an ihr vorübergegangen, sie musste sich in Psychotherapie begeben.

Die Leiterin der Abteilung Frauen und Gleichstellung in der AK, Bernadette Pöcheim, spricht von rund hundert Beschwerden im Jahr allein in der Steiermark, nur etwa 20 bis 30 landeten aber bisher vor Gericht.

Auch bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft in Wien konnte man einen Anstieg der Anfragen und Beschwerden verzeichnen. "Wir kommen mit dem Nachtragen gar nicht nach. Der November ist immer ein starkes Monat, aber heuer haben wir schon Mitte November so viele Anfragen zu sexueller Belästigung wie sonst im gesamten Monat, jetzt sind es etwa 30", erzählt Sandra Konstatzky, die Vizechefin der Anwaltschaft.

Wollen, dass es aufhört

Dabei gingen viele Frauen zuerst zur AK, so Konstatzky: "Zu uns kommen eher jene, die wegen der Öffentlichkeit nicht vor Gericht wollen, oder einfach nur möchten, dass es aufhört". Der November sei deswegen stark, weil in den Sommermonaten während der Urlaube viele Frauen hofften, dass es besser wird, dann aber im Herbst die Ernüchterung erleben.

Neben den Anfragen von Betroffenen, gebe es nun auch mehr Anfragen von Lehrlingsbetrieben, die präventiv vorgehen wollen und sich für Workshops anmelden. "Man muss bei der Unternehmenskultur ansetzen", sagt Konstatzky, "auch eine Nachbereitung, wenn schon etwas vorgefallen ist, ist wichtig. Da brauchen auch Männer einen Raum, wo sie reden können, wenn sie unsicher sind, was sie sagen dürfen, oder wenn sie ein schlechtes Gewissen haben, weil sie weggeschaut haben". (Colette M. Schmidt, 14.11.2017)