SPÖ-Chef Kern will grüne Wähler ansprechen.

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SPÖ-Chef Christian Kern will "nach dem Ausscheiden der Grünen aus dem Parlament das politische Zuhause erweitern, damit diese Wähler bei uns eine Heimat finden können". Solche Angebote sind wenig überraschend und auch nicht unanständig. Das eine ist, dass mir das als Grün-Politiker, der die Grünen zurück im Parlament sehen will, weniger gefällt. So weit – so verständlich.

Es geht aber auch um eine andere Frage. Kommt es in Österreich so jemals zu anderen Mehrheiten? Die können und werden sich erst ändern, wenn die SPÖ ihre historische Funktion als Arbeiterpartei entdeckt. In diesen Wählergruppen hat die FPÖ bei den Nationalratswahlen die Sozialdemokratie marginalisiert. Selbst bei den Angestellten sind SPÖ, ÖVP und FPÖ auf annähernd ähnlichem Niveau. In den Wiener Außenbezirken und den ländlichen Industrieregionen hat die SPÖ verloren.

Ausrinnen zur FPÖ

Wenn es jemals eine Chance geben soll den Rechtsblock abzuwählen, muss die SPÖ das Ausrinnen zur FPÖ nicht nur stoppen, sondern ihre ehemaligen Stammwählerschichten zurückholen. Das wird nur gelingen, wenn sie diesen ein Angebot macht. Das ist traditionell nicht dasselbe, das klassisch urbane Grün-Wähler anspricht. Die SPÖ muss sich entscheiden, ob sie sich als links-liberale Partei ohne Chance auf Mehrheiten zwischen 20 und 30 Prozent positioniert oder ob sie endlich den Kampf um die berühmten "Kleinen", "Hackler" oder "Verunsicherten" aufnimmt. Mit Schwarz-Blau hat die SPÖ die Chance dazu. Die Regierungsbeteiligung der FPÖ mit ihren tendenziell neoliberalen Positionen wird manchen die Augen öffnen. Die kann die SPÖ ansprechen – oder sie werden zu Nichtwählern auf Ewigkeit.

Alternativ können sich SPÖ und Grüne natürlich auch in den Wiener Innenstadtbezirken und den Studentenstädten gegenseitig auf den Zehen stehen. Damit werden sie aber genau nichts an den Machtverhältnissen ändern. (Albert Steinhauser, 14.11.2017)