Den Trend gibt es schon länger: Das Piercing an der Nase und große Ohrlöcher, sogenannte Flesh Tunnel. Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (DGHNO) warnt nun vor Komplikationen am Knorpel, die nur schwer heilen und bleibende Schäden hinterlassen.

Ohrmuschel und Nase sind die beliebtesten Stellen für Körpermodifikationen, auch "BodMods" genannt. "Der Knorpel im Ohr- und Nasenbereich ist ein sehr empfindliches Gewebe, das normalerweise durch eine Knorpelhaut geschützt und ernährt wird", erläutert Andreas Naumann, HNO-Arzt vom Klinikum Bremen Mitte. Wenn die Knorpelhaut beim Piercing durchtrennt wird, können Bakterien und Viren eindringen und eine Infektion auslösen. Deshalb sollten laut dem Experten Körpermodifikationen wie Piercings nur unter strengen, aseptischen Bedingungen erfolgen. An der gepiercten Stelle könne es sonst, eventuell auch im Abheilungsprozess, zum Absterben von Knorpelgewebe kommen.

Überdimensionale Ohrlöcher

Zu den Folgen gehören Deformierungen bis zum vollständigen Verlust von Teilen der Ohrmuschel oder der Nase. "Eine Korrektur ist dann komplex und nur von spezialisierten Ärzten durchführbar", heißt es vonseiten der DGHNO. Die Behandlung der Früh- sowie Spätfolgen reicht dabei von kleinen Narbenkorrekturen bis zu komplexen plastischen sowie rekonstruktiven Eingriffen.

Auch das Tunnel-Piercing ist mitunter ein Problembereich. Bei dieser Körpermodifikation wird ein Platzhalter im Ohrläppchen eingebracht und langsam ausgeweitet. Im Extremfall bleibt nur noch ein schmaler, umgebender Rest an Haut übrig. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn der Tunnel nicht mehr schick ist und entfernt werden soll. "Die verbliebenen Hautreste reichen dann häufig nicht mehr aus, um das Loch wieder zu verschließen", erklärt Naumann. "Wir müssen dann das Ohrläppchen durch eine komplexe Lappenplastik rekonstruieren."

Das Risiko von elfenhaften Ohren

Eine relativ neue Körpermodifikation ist das sogenannte Elfenohr. Dabei wird die Ohrmuschel typischerweise im oberen Bereich durch das Einsetzen eines Implantates spitz geformt. "Der massive Eingriff in das natürliche Ohrgerüst birgt eine große Gefahr für das gesamte Haut-Knorpelgerüst des Ohres", warnt der Experte. Zu den Folgeerscheinungen gehören Rötungen, Schmerzen, Missempfindungen aber auch schwere Infektionen bis hin zum Absterben von Knorpelgewebe. "Die dann erforderliche plastische Ohrrekonstruktion ist sehr aufwendig und nur an HNO-Kliniken mit Erfahrungen auf dem Gebiet der plastischen Ohrrekonstruktion möglich."

Auch bei Zungen-Piercings raten HNO-Experten zur Vorsicht. Hier komme es immer wieder durch die Verletzung einer Arterie im Zungenbereich zu erheblichen Einblutungen mit Schwellungen bis zur Atemnot. Das Komplikationsrisiko hänge bei allen Eingriffen von der Lokalisation des Piercings, dem verwendeten Material, der Erfahrung des Piercers, den hygienischen Bedingungen sowie von der Nachsorge ab. Wer eine Körpermodifikation durchführen lassen möchte, sollte auf jeden Fall eine medizinische Beratung konsultieren, so das Fazit der HNO-Spezialisten. (red, 14.11.2017)