Daniel Allgäuer (FPÖ) fordert im Landtag die ÖVP heraus.

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Bregenz – Nähme man die Stimmung im Vorarlberger Landtag als Barometer für das Verhältnis zwischen Schwarz und Blau, käme es zu keiner Koalition. In der aktuellen Stunde am Mittwoch schenkten sich Volkspartei und Freiheitliche nichts.

Die FPÖ war an der Reihe mit der Themenwahl für die aktuelle Debatte und ließ die Harder Grundstücksaffäre auf die Tagesordnung setzen. Die Fragestellung "Wo beginnen bzw. enden Anstand und Moral eines Landtagsabgeordneten?" brachte die Volkspartei auf die Palme. VP-Klubmann Roland Frühstück: "Ich bin so richtig sauer." Denn einen Landtagskollegen "an den Pranger zu stellen, das geht zu weit".

Die Vorgeschichte: VP-Sozialsprecher Matthias Kucera hatte seinen Parteikollegen Albert Büchele als Anwalt bei einem Grundstücksgeschäft vertreten. Büchele, für die VP im Hypo-Aufsichtsrat und in der Gemeindevertretung von Hard, wollte 1600 Quadratmeter des Nachbargrundstücks für 50.000 Euro und damit ein 17-Faches unter dem Wert erwerben. Der Vertrag wurde vom Landesgericht auf Intervention der Familie des alten Mannes für unwirksam erklärt, weil der Verkäufer nicht mehr geschäftsfähig war.

"Sitten- und Moralwächter"

Außer einer Selbstanzeige bei der Rechtsanwaltskammer habe Kucera keine Konsequenzen gezogen, bemängelten FPÖ, Neos, SPÖ und Grüne. Klubobmann Daniel Allgäuer (FPÖ) erinnerte an den Verhaltenskodex der ÖVP, "der anscheinend keine Bedeutung mehr hat". Nur so könne er sich erklären, dass Parteiobmann Markus Wallner bisher den Ethikrat der Volkspartei nicht befasst habe.

Klubobmann Roland Frühstück nannte die Freiheitlichen "selbsternannte Sitten- und Moralwächter", die in den eigenen Reihen genug zu tun hätten. Er nannte als Beispiel antisemitische Äußerungen und die Pensionsklage des früheren Landesrats Hubert Gorbach. Kucera habe politisch unbedacht gehandelt, moralisch sei die Vertragserstellung nicht bedenklich. "Er wollte ja niemand über den Tisch ziehen." Es sei nun Aufgabe der Rechtsanwaltskammer, das Verhalten zu beurteilen.

Wallner relativiert

Grünen-Klubobmann Adi Gross forderte einmal mehr die Abberufung Bücheles aus dem Hypo-Aufsichtsrat. Landeshauptmann Markus Wallner (VP) ging auf diese Forderung nicht ein, forderte die Abgeordneten auf, "eine moralische Gesamtbeurteilung" zu machen. Dazu gehöre auch, einzusehen, dass es einen klaren Willen des Verkäufers zum Verkauf gegeben habe.

Es gelte äußerste Vorsicht walten zu lassen, wenn es um die Geschäftsfähigkeit alter Menschen gehe, man dürfe nicht vorschnell handeln. "Bei echtem Zweifel an der Geschäftsfähigkeit hätte Kucera den Vertrag nicht gemacht." Was die Moral betreffe, nehme er, Wallner, es jederzeit privat und beruflich mit der FPÖ auf, "vor allem mit der Bundespartei", ließ der Landeshauptmann die Freiheitlichen wissen.

Joachim Weixlbaumer resümierte für die FPÖ: "Die ÖVP hat die Chance nicht genutzt, Worte des Bedauerns zu finden. Verteidigungsstrategie und Allmachtsdenken: Die ÖVP spielt das alte Spiel."

Die Harder Geschichte ist mit der Landtagsdebatte nicht zu Ende. Albert Büchele geht gegen das Urteil des Landesgerichts in Berufung, will den Kauf durchziehen. Mit einem Anwalt, der für die SPÖ im Hypo-Aufsichtsrat sitzt. (Jutta Berger, 15.11.2017)