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Wien – Der technologische Fortschritt bereitet vielen Öster reichern Kopfzerbrechen. Er geht ihnen nämlich viel zu rasant vonstatten, wie eine von der Erste Bank und S Versicherung beauftragte Studie ergab. Eine "bemerkenswerte Situation" erkennt Studienautor Paul Eiselsberg von Imas International vor allem in der "Diskrepanz zwischen der tatsächlichen und der gewünschten Geschwindigkeit" des gesellschaftlichen Wandels – zumal diese Empfindung unabhängig von Alter oder Geschlecht auftrete. Die Ursachen dieser Wahrnehmung liegen vor allem in Smartphones und sozialen Medien, also in "technologiegetriebenen Teilchenbeschleunigern", wie es Eiselsberg formuliert.

Die Sorgen vieler Österreicher, mit dem gesellschaftlichen und technologischen Wandel, den laut Studie Zeitzeugen als stärker beschreiben als jenen in den 1960ern und 1970ern, künftig nicht mehr Schritt halten zu können, drückt sich auch in ihren Zukunftserwartungen aus. Denn während die nähere Zukunft von der Mehrheit in Rosa gemalt wird, weicht die Zuversicht bei lang fristiger Betrachtung zunehmend einem gewissen Pessimismus – wobei Eiselsberg festhält: je jünger, desto optimistischer, umso älter, desto "tiefer die Sorgenfalten".

Ohne überschäumenden Optimismus fällt auch bei der Mehrheit der Befragten die Erwartungshaltung gegenüber der staatlichen Pension aus, wenn es darum geht, den Lebensstandard zu halten: "Auch hier gibt es einen skeptischen Blick", erläutert Eiselsberg, "drei von vier Österreichern sagen, dass es wahrscheinlich oder sicher nicht reichen wird."

Höheres Vorsorgebewusstsein

"Das Vorsorgebewusstsein ist generell gestiegen", nimmt Manfred Rapf, Generaldirektor der S Versicherung, den thematischen Steilpass an, "das merken wir auch an der Nachfrage nach den Produkten." Gemäß der Studie halten finanzielle Vorsorge bereits jetzt 84 Prozent für wichtig, zudem gehen 52 Prozent davon aus, dass deren Bedeutung weiter zunehmen wird. "Es ist jeder gut beraten, wenn er Vorsorge zur Chefsache macht", betont Rapf. "Das heißt, sich selbst darum zu kümmern."

Die wichtigsten Vorsorgegründe sind für die deutliche Mehrheit der Österreicher erwartungsgemäß Gesundheit, Pension und Familie. "Es ist auffallend, dass Pflege recht weit abgeschlagen ist", sagt Rapf mit Blick auf den vergleichsweise geringen Zustimmungsgrad von 27 Prozent der Befragten. Dabei wisse man, dass der Pflegebedarf in Österreich künftig stark zunehmen werde.Das spiegelt sich laut Erste-Bank-Privatkundenvorstand Thomas Schaufler in den Produkten wider, nur drei Prozent haben in Pflegevorsorge investiert: "Das muss man promoten, weil das wird ein großes Thema." Am stärksten verbreitet sind Haushalts- und Eigenheimversicherungen mit 60 Prozent vor dem Sparbücherl. "Das liebste Buch der Österreicher ist immer noch das Sparbuch", sagt Schaufler.

Sicherheit geht vor Ertrag

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass für 60 Prozent die Sicherheit der Veranlagung im Mittelpunkt steht und nur für fünf Prozent die Rendite. Jene, die zumindest ein Vorsorgeprodukt besitzen, legen laut Studie dafür im Durchschnitt 145 Euro pro Monat auf die hohe Kante – bei Männern sind es 183 Euro, bei Frauen nur 100 Euro im Mittel.

An die künftigen Regierungsparteien richtet Rapf daher den Wunsch, den Bereich zu "incentivieren". Durch entsprechende Anreize könne man Vorsorgemuffel von der Wichtigkeit des Themas überzeugen. Gestützt wird diese Forderung durch eine Umfrage von Swiss Life unter Finanzdienstleistern: Demnach vermissen deren Kunden "bei Politikern überzeugende Konzepte", wobei für sieben von zehn Befragten die Altersvorsorge einen bedeutenden Einfluss auf das Kundenverhalten hat, knapp gefolgt von einer möglichen Steuerreform mit einer Zustimmung von 63 Prozent. (Alexander Hahn, 15.11.2017)