Geht es um eine härtere Gangart gegen Steueroasen, wird Österreich gemeinsame Sache mit den Blockierern vorgeworfen.

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Wien – Die Paradise Papers sorgen für rege Debatten, einige Länder haben auch konkrete Schritte gesetzt, um Steuern insbesondere über den Umweg von Offshore-Gesellschaften zu vermeiden. Im Netz kursieren derzeit mehrere offene Briefe, in denen diverse Staats- und Regierungschefs oder Institutionen zu einer härteren Gangart im Kampf gegen Steueroasen aufgerufen werden.

Der frühere britische Premier Gordon Brown beispielsweise fordert von der Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer die "Schließung von Steueroasen". Mehr als eine Million Menschen hat nach eigenen Angaben unterzeichnet. Ob die Initiativen von Erfolg gekrönt sein werden, lässt sich derzeit schwer abschätzen. Bei einem Vorstoß für mehr Transparenz auf EU-Ebene sieht es derzeit schlecht aus. Es geht unter anderem um eine Verschärfung der Geldwäscherichtlinie, die nach Veröffentlichung der Panama Papers angestoßen wurde. In dem Entwurf finden sich einige Punkte, die stark in das Thema Steuervermeidung hineinspielen.

Kein Mandat

Allerdings ist es bisher nicht gelungen, eine gemeinsame Position zwischen Europaparlament und Mitgliedsstaaten herzustellen. Nun ist ein weiterer Versuch gescheitert – gerade einmal zehn Tage nach Bekanntwerden der Paradise Papers und dem dadurch ausgelösten Aufschrei.

Die Verhandlungen laufen im Rahmen des sogenannten Trilogs, in dem Parlament, Rat und EU-Kommission gemeinsam vertreten sind. In der jüngsten Sitzung bewahrheitete sich, was Insider nach den Kontroversen unter den Mitgliedsstaaten bereits befürchtet hatten: Der Rat stand mit leeren Händen da.

Die EU-Länder hatten sich zuvor auf kein Mandat einigen können. Dabei hat auch Österreich eine umstrittene Rolle gespielt. Gemeinsam mit Großbritannien, Irland, Luxemburg, Zypern und Malta wurde auf die estnische Ratspräsidentschaft eingewirkt, keinem raschen Abschluss zuzustimmen.

"Eine Schande"

Allerdings war vergangene Woche noch offen, ob diese Staatengruppe ein Mandat blockieren kann, ob es einen Kompromiss gibt oder sich die Befürworter einer Verschärfung der Geldwäschebestimmungen durchsetzen. Auch ein dringender Appell von Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici half letztlich nichts mehr. Der Franzose hatte noch am Dienstag gefordert, die Scheinwerfer auf die Steueroasen zu richten: Die Offshore-Länder seien "ein bisschen wie Vampire – sie fürchten nichts so sehr wie das Licht".

Dass die Mitgliedsstaaten den Aufruf ignorierten, kommt im Parlament nicht gut an. Von einem "Armutszeugnis", ja einer "Schande" spricht die EU-Abgeordnete Evelyn Regner. Die Bekenntnisse der EU-Finanzminister seien nichts wert, wenn es ans Eingemachte gehe, meint die Sozialdemokratin zum STANDARD. Der Protest ist parteiübergreifend. Auch konservative Abgeordnete wie Othmar Karas und der Deutsche Bernd Langen üben Kritik.

Die Grünen machen ohnehin Dampf. Sven Giegold verweist dabei insbesondere auf die auch von der Kommission geforderten Transparenzregister. Nur sie könnten zeigen, "wer sich wirklich hinter den undurchsichtigen Strukturen von Unternehmen und Trusts versteckt". Der deutsche Grüne verweist zudem auf den gigantischen Steuerausfall im dreistelligen Milliardenbereich durch Steuerhinterziehung und Geldwäsche, trotzdem blieben die EU-Finanzminister untätig. Und auch Attac ist empört: Österreich solle mit Frankreich, Italien oder Spanien für schärfere Regelungen kämpfen, anstatt "mit den Steuersümpfen zu kooperieren".

Demnächst wird es zur nächsten Nagelprobe kommen. Anfang Dezember sollen unkooperative Steueroasen auf schwarze Listen gesetzt werden. Doch auch hier schwant vielen Parlamentariern Übles: EU-Länder sollen nicht an den Pranger gestellt werden. Und von Sanktionen wollen die Staaten auch nichts wissen. (Andreas Schnauder, 15.11.2017)