Bauträger Soulier plante in der Hetzgasse 8 statt des Altbaus mit 23 Wohnungen ein Niedrigenergiehaus mit 56 Wohneinheiten. Die Abbrucharbeiten wurden gerichtlich gestoppt, nun ist der VwGH am Zug.

Foto: Soulier/Christandl

16 Monate brauchte das Landesverwaltungsgericht, um im Bauvorhaben Hetzgasse 8 in zweiter Instanz ein Urteil zu sprechen. Dieses lautete vor wenigen Tagen: Der bereits begonnene Abriss des Gründerzeithauses darf nicht fortgesetzt werden. Wie berichtet, hat die Stadt Wien nämlich während der schon laufenden Arbeiten eine Schutzzone rund um das Haus beschlossen.

Für Hans Jörg Ulreich, Sprecher der Bauträger in der Wirtschaftskammer, sind die zeitlich "ausufernden" Verfahren schon lange ein Dorn im Auge. Gerade in zweiter Instanz, also beim Landesverwaltungsgericht, sei die Situation sehr schlecht. "Da gibt es nur sieben Richter für ganz Wien und eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 15 Monaten."

"Viel Personal gebunden"

Selbst führende Vertreter der Stadt würden einräumen, dass es bei der Stadtplanung und der Baupolizei Kapazitätsengpässe gebe, so Ulreich. "Viel Personal ist bei kooperativen Projekten gebunden, die Bauverfahren dauern daher in der Regel weitaus länger als die bekannten durchschnittlichen sechs Monate."

20.000 Wohneinheiten würden wegen dieser Engpässe derzeit in Wien "in den Instanzen hängen", also auf die finale Baugenehmigung warten. Erst wenn die zweite Instanz ihren Sanktus gibt, kann zu bauen begonnen werden.

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) bestätigt im Gespräch mit dem STANDARD die Zahl von "ungefähr 20.000" Wohneinheiten, die derzeit "in der Schwebe" sind. Dass das mit zu wenig Personal zu tun habe, will er aber so nicht sagen.

"Viel mehr Einwände"

Für Ulreich ist genau das aber glasklar – auch schon in erster Instanz. "Ein Drittel der Zeit der Behörden geht mittlerweile für die Behandlung von Anrainereinwänden drauf. Hier hat die Behörde viel mehr zu tun als noch vor zehn Jahren." Er versteht deshalb nicht, warum diese nicht umorganisiert wird.

"Personalanzahl und Budget sind beschränkt", dennoch würde die Baupolizei Einreichungen immer noch "zu ausführlich" prüfen, von der Statik über die Bauphysik bis hin zum Brandschutz etc. Aufgrund der sehr komplexen Thematik ist das nach Ulreichs Ansicht einerseits nur oberflächlich möglich, andererseits gar nicht notwendig, "weil für die Richtigkeit der Pläne ohnehin Planer und Bauwerber haften und nicht die Behörden". Aus seiner Sicht wäre es also viel sinnvoller, die "Manpower" von den technischen Fragen abzuziehen und sich stärker auf die Prüfung der Anrainerrechte zu fokussieren. "Bei der viel wichtigeren Endabnahme verlässt sich die Behörde ja auch auf private Ziviltechniker. Ich denke, das hat sich dort bewährt."

Reform der Bauordnung verlangt

Ulreich kämpft aber noch an einer anderen Front um Verbesserungen: bei der Wiener Bauordnung. Die soll demnächst – im kommenden Jahr – wieder novelliert werden, bestätigt auch Ludwig. Was da alles kommt, ist aber offen, es werde derzeit mit den Grünen darüber verhandelt.

Dass sich was tun muss, ist für Ulreich klar: "Auch die Ziviltechniker sagen, dass man in Wien gar nicht mehr gesetzeskonform bauen kann. Die Regelungen sind so komplex, dass sie sich teilweise widersprechen und sie keiner mehr durchschaut." Er nennt dem Standard ein paar Beispiele: "Wir müssen wegen einem im Hofbereich verlaufenden Kaminrohr den Bezirksbauausschuss bemühen oder sinnlose Schlurfe bauen, die sowieso nur verstellt werden, weil die Bauordnung einen öffentlichen Zugang zum Hof vorschreibt." Dabei seien ohnehin "um zigtausende Euro Vorkehrungen für Seilsicherungssysteme von uns zu bauen, über welche man sich bei Reparaturarbeiten abseilen kann".

Lange Liste von "Unsinnigkeiten"

Die Liste "solcher Unsinnigkeiten" sei "unendlich", die Beamten leiden genauso darunter wie die Branche, ist sich Ulreich sicher. "Es braucht dringend den Mut zu deregulieren und zu straffen." Etwa manche Spezialabteilung in der MA 37 zu verkleinern "und dafür die unterbesetzten Gebietsgruppen zu vergrößern. Sonst lassen sich die gewünschten Neubauzahlen nie und nimmer erreichen." (Martin Putschögl, 18.11.2017)