"Direkt ins Herz": Alexander Van der Bellen bei Papst Franziskus.

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Der bekennende Agnostiker Alexander Van der Bellen – einst evangelisch getauft und dann aus der Kirche ausgetreten – zeigte sich nach seinem Besuch bei Franziskus tief beeindruckt von der "hohen Intelligenz" und "großen Spiritualität" des katholischen Pontifex: "Er vermittelt diese Spiritualität so stark, dass man merkt, wie man diese bei sich selber vermisst hat", sagte der Bundespräsident am Donnerstag in Rom.

Van der Bellen wurde gemeinsam mit seiner Gattin Doris Schmidauer, die auf den bei Papstaudienzen früher üblichen Schleier verzichtete, im Apostolischen Palast empfangen. In der österreichischen Delegation befanden sich außerdem Wirtschaftsminister Harald Mahrer und der Künstler André Heller.

Trotz der konfessionellen und spirituellen Unterschiede haben sich in Rom zwei Gesinnungsgenossen getroffen: Vor allem beim Thema Migration und beim Klimaschutz, aber auch bezüglich der Abschaffung der Todesstrafe, des Verbots von Atomwaffen und beim Thema europäische Integration waren der Papst und der Gast einer Meinung.

Thema Migration

Im Gespräch habe Franziskus für die Probleme einfache und starke Bilder gefunden, die "direkt ins Herz" gingen, erklärte Van der Bellen. Als Beispiel erwähnte er ein von Franziskus unlängst verwendetes Jesus-Zitat aus dem Matthäus-Evangelium: "Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen." Schöner und kürzer könne man die Fragen um Migration und Aufnahme nicht in Worte fassen, betonte Van der Bellen.

Dass man beim Thema Migration die gleichen Standpunkte vertrete, liege vielleicht auch daran, dass sowohl der Papst als auch er selbst aus Familien mit Migrationshintergrund stammten, erklärte der Bundespräsident. Die Aufnahme von Flüchtlingen sei auch beim anschließenden Gespräch mit dem vatikanischen Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin ein Thema gewesen.

Wie er selbst verstehe auch Parolin die heutige Diskussion in Österreich nicht ganz: 2015 habe das Land zwar objektive Probleme bei der Aufnahme und Versorgung gehabt. Aber 2016 seien nur noch halb so viele Flüchtlinge gekommen, und im laufenden Jahr habe sich die Zahl noch einmal halbiert. "Dass die Sorgen und Ängste heute eine größere Rolle spielen als bei der echten Krise 2015, das ist doch merkwürdig", sagte Van der Bellen.

"Bei uns brennt nichts"

Der Bundespräsident berichtete außerdem, dass er den Papst zu einem Gegenbesuch in Österreich eingeladen habe. Doch ein solcher stehe zurzeit nicht auf der Tagesordnung des Vatikans: "Der Papst reist dorthin, wo es brennt." Das sei gewissermaßen ein Nachteil für Österreich: "Bei uns brennt nichts." Die bisher letzte Österreich-Reise eines Papstes fand im September 2007 zum 850-Jahr-Jubiläum des steirischen Wallfahrtsortes Mariazell statt. Der damalige Papst Benedikt XVI. besuchte Wien, Mariazell und das Stift Heiligenkreuz im Wienerwald. (Dominik Straub aus Rom, 16.11.2017)