Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache: Zwei, die sich gut verstehen, wollen auch den Staat umbauen. Was sie darunter verstehen, wird immer deutlicher.

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Jüngstes Beispiel geradezu ausufernden Reformmuts lieferte der "Arbeitskreis Föderalismusreform" der Plattform respekt.net. Rund um den ehemaligen ÖVP-Chef und Vizekanzler Josef Pröll und den seinerzeitigen Arbeiterkammerdirektor Werner Muhm arbeiteten honorige Ex-PolitikerInnen wie Brigitte Ederer, Heide Schmidt, Herbert Paierl, Hans Peter Haselsteiner und Terezija Stoisits drei Jahre lang an einem Konzept, wie man die österreichische Bürokratie schlanker, effizienter und auch weniger kostspielig machen könnte. Im Kern geht es in dem Konzept der Ex-Politiker um eine radikale Entflechtung von Bundes- und Länderkompetenzen, und das auf allen Ebenen.

Die Vorschläge klingen grundvernünftig und – angesichts der politischen Buntheit des Arbeitskreises – parteipolitisch erstaunlich "farblos". Bei der Präsentation betonten die anwesenden Ex-Politiker übrigens unisono, dass es hier nicht um "Länderbashing" oder um die Durchsetzung verschiedener Parteieninteressen gehe – sondern um ein Staatsganzes, im Sinne der Zukunftsfähigkeit des Landes.

Wunsch nach Veränderung

Solche Aussagen klingen wohltuend unaufgeregt und konstruktiv, sie sprechen wohl auch das Grundgefühl vieler Wähler an, die sich bei der Nationalratswahl im Oktober für "Veränderung" im weitesten Sinne entschieden haben.

Denn nichts anderes als eine solche grundlegende Staatsreform hat sich ja nach ersten Aussagen auch die künftige ÖVP-FPÖ-Koalition an die Fahnen geheftet. Wie radikal und innovativ – und überparteilich – das am Ende ausfällt, wird wohl bald zu sehen sein. Nach allem, was bis jetzt aus den Verhandlungen durchgesickert ist, kann man freilich nur von angedeuteten großen Würfen sprechen. Eine Reduzierung der Zahl der Krankenkassen könnte einmal mehr an den Ländern scheitern. Was die vor allem innerhalb der ÖVP so mächtige Beamtengewerkschaft von jeglichen Reformplänen hält, ist hinlänglich bekannt.

Widerstreitende Interessen

Kürzlich hat sich auch Wilfried Haslauer, Landeshauptmann von Salzburg und wichtiger Kurz-Förderer, bereits via "Profil"-Interview festgelegt: Die neun Länderkassen müssen bleiben, ebenso die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern, deren Abschaffung vor allem der FPÖ wichtig scheint. Es wird spannend, ob sich Kurz eher über die Wünsche seiner Mentoren oder jene des künftigen Koalitionspartners hinwegsetzt.

Dass Haslauer auch gleichzeitig an der Beibehaltung des Rauchverbots festhält, spricht für ihn – und wirft ein bezeichnendes Licht auf die blauen Verhandler, die offenbar wild entschlossen sind, einige ihrer Dummheiten der Schwarz-Blau-Orange-Ära zu wiederholen. Ganz vorne mit dabei ist auch die Abschaffung des Tempo-100-Limits. Man erinnert sich noch lebhaft an Ex-Minister Hubert Gorbach, dem 160 km/h auf der Autobahn gerade langsam genug erschien.

Mit solch kindischen Machtdemonstrationen wird man eine ernsthafte (und haltbare) Reform des Staatsganzen weder angehen noch umsetzen können.

Umbau, aber anders

Da lässt schon tiefer blicken, was alles im Sozialbereich ernsthaft diskutiert wird: Vereinheitlichung der Mindestsicherung auf "oberösterreichischem Niveau", "Pflegeregress light" oder auch die Überlegungen zur Einführung einer Ambulanzgebühr, etwa auch in Kombination mit der geplanten Kürzung der Familienbeihilfe für EU-Ausländer.

Das lässt eine klare Richtung erkennen: Der Wohlfahrtsstaat soll nicht mehr allen schwachen Menschen gleich helfen – sondern den "eigenen" Leuten ein bisschen mehr. Auch so kann man den Umbau des Staates verstehen. Schlanker, effizienter und kostengünstiger wird es ihn nicht machen, dazu sind die Summen, um die es geht, zu gering. Fit für die Zukunft wird Österreich so auch nicht – macht aber wohl nichts, es geht ja um etwas ganz anderes. (Petra Stuiber, 17.11.2017)