St. Pölten – In der Causa Pflegeheim im niederösterreichischen Kirchstetten gehen die Ermittlungen nach Vorliegen eines medizinischen Gutachtens weiter. Der Vorwurf des Quälens von Patienten wurde vom Sachverständigen nicht bestätigt. Eine Anklage werde es heuer nicht mehr geben, sagte Leopold Bien, Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten, am Freitag und bestätigte damit einen ORF-Bericht.

Das Ende April in Auftrag gegebene Gutachten sollte die Fragen klären, ob es körperliche Folgen von Übergriffen auf Patienten gab und ob die Pfleger eigenmächtig nicht verschriebene Medikamente verabreicht haben. Beides konnte der Sachverständige "nicht objektivieren", sagte Bien.

Es habe grundsätzlich Verschreibungen für die Medikamente gegeben. Ehemalige Kollegen der fünf Verdächtigen gaben laut ORF bei der Einvernahme zuvor an, dass einige Patienten – während die Pfleger in Kirchstetten beschäftigt waren – ungewöhnlich oft Stuhlgang hatten. Dazu hielt der Sachverständige fest, dass dies darauf schließen lasse, dass Abführmittel verabreicht wurde.

Fünf Verdächtige

"Die Ermittlungen laufen noch", sagte Bien, zu den nächsten Schritten wollte er sich nicht äußern. Der Akt ist berichtspflichtig – die Staatsanwaltschaft muss ihren Vorschlag zur Enderledigung der Oberstaatsanwaltschaft Wien und dem Justizministerium vorlegen.

Den fünf Verdächtigen – drei Frauen und zwei Männern – wird vorgeworfen, Patienten gequält und vernachlässigt sowie strafbare Handlungen gegen deren sexuelle Integrität und Selbstbestimmungen begangen zu haben.

Laut Staatsanwaltschaft soll es rund ein Dutzend Opfer geben. Die Causa war im Oktober 2016 angezeigt worden, die Pflegekräfte leugneten die Vorwürfe. Rechtsanwalt Stefan Gloß, der vier der fünf Beschuldigten vertritt, sieht seine Mandanten laut Medienberichten durch das medizinische Gutachten entlastet.

Ende September wurde bekannt, dass zwei von den Verdächtigen in der Folge in einer Pflegeeinrichtung in Wien tätig waren. Dies sorgte neben deren kurzfristiger Festnahme für Diskussionen um die rechtlichen Möglichkeiten eines vorläufigen Berufsverbots. (APA, 17.11.2017)