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Mit Großrechnern werden Bitcoins kreiert, deren Kurs in den vergangenen Monaten explodiert ist. Mit Initial-Coin-Offerings hoffen wiederum junge Firmen Geld zu verdienen – und experimentieren mit verschiedenen Modellen.

Foto: Getty Images / Frank Ramspott

Wien – Der Hype um Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether hat die sogenannte Community fest im Griff: Start-ups und andere Unternehmen entdecken Initial-Coin-Offerings (ICOs) und Initial-Token-Offerings (ITOs) als alternative Form der Finanzierung. Dabei erhalten Investoren eine Art künstliches Geld oder eine virtuelle Wertmarke.

Wie genau mit diesen Instrumenten Geld gemacht werden kann, ist derzeit noch Gegenstand von Experimenten. Nicht zuletzt aufgrund der unklaren Rechtslage wird mit verschiedenen Spielarten der ICOs der rechtliche Rahmen ausgelotet.

Aber schon bisher war es auch ohne Richtlinien durch die Regulatoren klar: Wenn Coins und Tokens so gestaltet werden, dass sie bestehenden reglementierten Instrumenten oder Modellen nachgebildet sind, werden die gleichen rechtlichen Vorgaben wie für diese gelten.

Frage der Vergleichbarkeit

So gilt die Prospektpflicht des Kapitalmarktgesetzes, wenn Coins oder Tokens als Investment (Wertpapier oder Veranlagung) ausgestaltet werden. Das Gesetz sollte dabei grundsätzlich technikneutral sein, wenngleich die bestehenden Regelungen eine Einordnung von Coins als Wertpapiere wohl nur schwer zulassen. Die Kernfrage ist hier, ob die Blockchain-Technologie, auf der Kryptowährungen basieren, tatsächlich mit einem bestehenden Wertpapierregister vergleichbar ist.

In der Praxis vermeiden Emittenten von Coins und Tokens derzeit tunlichst, diese wertpapier- oder veranlagungsähnlich auszugestalten. Vielmehr geht der Trend in Richtung der sogenannten Utility-Tokens. Käufer können diese Tokens in weiterer Folge beim Emittenten selbst oder bei Dritten, die mit dem Emittenten oft im Rahmen von Plattformen zusammenarbeiten, gegen Waren und/oder Dienstleistungen tauschen.

Dies bedeutet aber auch, dass der Utility-Token selbst keine Zahlungsansprüche, Gewinnbeteiligungen oder anlegerähnliche Rechte vermittelt. Wirtschaftlich handelt es sich um ein gutscheinähnliches Instrument. Beispiele für Utility-Tokens sind die Hero-Coins, die die Teilnahme an Spieleplattformen ermöglichen, oder Hydro-Miner, die einen Tausch der Tokens gegen Mining-Zeit bewerben.

Gutscheinmodelle

Gutscheinmodelle sind in der Praxis immer wieder Thema, weil sie je nach konkreter Ausgestaltung als Zahlungsinstrument unter den Anwendungsbereich des Zahlungsdienstegesetzes fallen können. Immerhin ermöglichen sie wirtschaftlich die Bezahlung von Waren oder Dienstleistungen. Die gleichen Grundsätze werden auch für Coins und Tokens gelten.

Die österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) hat vor kurzem ihren bestehenden Fintech-Navigator um das Thema ICOs aktualisiert. Der Fintech-Navigator ermöglicht jungen Unternehmen, ihre (geplanten) Geschäftsmodelle gegen (aufsichts)rechtliche Vorgaben abzuklopfen. Er enthält nunmehr Aussagen zu möglichen Geschäftsmodellen im Zusammenhang mit Kryptowährungen und ICOs/ITOs.

Wer erwartet, dass alle offenen Fragen nun geklärt sind, wird allerdings enttäuscht. In vielen Fällen lässt sich die FMA keine konkreten Antworten entlocken – was sicher auch daran liegt, dass die Ausgestaltungsmöglichkeiten für Coins und Tokens endlos scheinen.

Augenmaß gefragt

So bleibt weiterhin unklar, unter welchen konkreten Voraussetzungen Utility-Tokens begeben werden können, ohne unter das Zahlungsdienstegesetz zu fallen. Gerade bei Plattformlösungen ist denkbar, dass verschiedene Anbieter von Waren oder Dienstleistungen die jeweiligen Coins und Tokens akzeptieren könnten. Hier wird Augenmaß der FMA gefragt sein, um nicht innovative Geschäftsmodelle zu begraben, bevor sie zum Leben erwacht sind. Die Ausnahme für "begrenzte Netze" wird großzügig auszulegen sein.

Kritisch ist auch die Anmerkung der FMA zu sehen, dass Walletbetreiber einer Konzessionspflicht als Depotbank unterliegen könnten, sofern sie Coins und Tokens verwahren, die als Wertpapiere ausgestaltet sind.

Da bestehende Wertpapiersammelbanken nicht die Funktion des Wallets für Kryptowährungen bieten, wäre die Emission von Coins und Tokens als Wertpapiere de facto gar nicht möglich, weil kaum ein Walletbetreiber eine Depotbankkonzession erlangen wird.

Klargestellt hat die FMA jedoch, unter welchen Voraussetzungen Coins als Finanzinstrumente zu qualifizieren wären: einerseits wenn die Coins wertpapierähnlich sind und andererseits wenn Coins auf andere Kryptowährungen referenzieren. Im zweiten Fall liegen nach Ansicht der FMA Derivate vor. Der Handel mit solchen Instrumenten würde einer Konzessionspflicht unterliegen.

Im Spannungsfeld der Finanzmarktregulierung mit ICOs hängt viel vom Fingerspitzengefühl der FMA ab: Anbieter sollten nicht mit überbordenden Konzessionspflichten überfordert werden. Bestehende Regularien wie das Alternativfinanzierungsgesetz oder das Kapitalmarktgesetz bieten nämlich durchaus Möglichkeiten, innovative Geschäftsmodelle und Verbraucherschutz zu verbinden. (Stefan Paulmayer, 20.11.2017)