Flüchtlinge in einem Lager in Zawiya, 45 Kilometer westlich von Tripolis. Der weitere Weg könnte sie zu einem Sklavenmarkt führen.

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In Paris demonstrierten rund 1000 Menschen gegen die Zustände in Libyen.

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Es kam dabei auch zu Ausschreitungen.

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Tripolis/Kairo – "800 ... 900 ... 1000 ... 1100." Für 1200 libysche Dinar, etwa 730 Euro, gibt es schließlich den Zuschlag. Der Erwerb: zwei Migranten. Ein vor wenigen Tagen veröffentlichter CNN-Bericht zeigt in schummerigen Handybildern eine nächtliche Szene außerhalb von Tripolis. Mehr zu hören als zu sehen ist, wie Männer aus dem subsaharischen Afrika versteigert werden.

Der Bericht hat eine Welle der Empörung ausgelöst und die international anerkannte Regierung zum Handeln gezwungen. Der stellvertretende Vorsitzende Ahmed Maitiq wurde mit einer Untersuchung beauftragt, und mittlerweile wurde auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, würden die Verantwortlichen vor Gericht gestellt, versprach Maitiq.

Berichte bereits im April

Bereits im April hatte die Internationale Organisation für Migration (IOM) von Sklavenmärkten im Süden des Landes in Sabha berichtet, wo vor allem Migranten aus Gambia, Nigeria und Ghana von bewaffneten Gruppen ausgebeutet, festgehalten und zum Teil zum Preis von 200 bis 450 Euro weiterverkauft würden.

Die Käufer seien Libyer, unterstützt von Helfern aus Ghana und Nigeria. Die erschütternden IOM-Schilderungen fanden damals kein großes Echo. Ganz anders ist es nun nach den Bildern von CNN, die sehr unterschiedliche Reaktionen in Libyen selbst und vor allem in den betroffenen afrikanischen Ländern auslösten.

Der Bericht von CNN über einen Sklavenmarkt in Libyen.
CNN

Proteste in Paris

In Paris gingen am Wochenende rund 1000 Menschen vor allem aus Afrika auf die Straße und protestierten vor der libyschen Botschaft mit Plakaten wie "Nein zu Sklaverei in Libyen". Unter ihnen befanden sich prominente Persönlichkeiten wie Ex-Fußballstar Didier Drogba. Der Niger hat den libyschen Botschafter einbestellt, die Afrikanische Union (AU) verlangt von Libyen ein Ende der modernen Sklaverei. Die AU werde dafür alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel auf diesem Gebiet einsetzen, hieß es.

In Libyen hat der Oberste Rat der Tuareg jede inhumane Behandlung von Migranten verurteilt, nannte die Anschuldigungen aber eine individuelle Praxis und nicht eine systematische Politik. Libyen sei lange eine Lunge gewesen, von deren Atem die Wirtschaft vieler afrikanischer Länder profitiert hätte und jetzt, wo die illegale Migration eskaliere, müsse Libyen ohne jede Hilfe leiden.

Gegenüber lokalen Medien äußerten libysche Akteure neben Betroffenheit aber auch immer wieder den Vorwurf der allgemeinen Dämonisierung, mit dem Hinweis, dass die Wurzel des Problems nicht in Libyen liege und die Nachbarstaaten nicht genug unternehmen würden, um Schmugglerbanden Einhalt zu gebieten.

Zweifel am Bericht

Es wurden auch Zweifel geäußert, ob die gezeigten Szenen über die Sklavenauktion tatsächlich echt gewesen sein können. Oder ob vielleicht gar politische Motive dahinter stünden – etwa eine Rechtfertigung für eine ausländische Invasion, wie sie von vielen Libyern immer wieder als mögliches Szenario kolportiert wird.

IOM schätzt, dass sich derzeit zwischen 700.000 und einer Million Migranten in Libyen vor allem aus subsaharischen Ländern, aber auch aus Nordafrika aufhalten. Viele, die eigentlich nach Libyen kamen, um im nordafrikanischen Ölstaat zu arbeiten, wollen wegen den chaotischen Zuständen wieder zurück in die Heimat, so Hilfsorganisationen. Doch würden sie festgenommen, um die Verwandten zu erpressen. Oder aber eben, um auf einer Auktion versteigert zu werden. (Astrid Frefel, 20.11.2017)