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Charles Manson ist tot.

Foto: AP

Wien – Wenn Verbrecher sterben, erscheinen Nachrufe auf sie selten im Kulturteil. Im Fall von Charles Manson schon. Denn die Taten des US-Amerikaners schlugen sich massiv kulturell nieder, er wurde zu einer Ikone des Bösen, zu einem Synonym für "Bad America". Die Verbrechen seiner "Family" genannten Bande raubten der Hippiebewegung die Unschuld.

Im Sommer 1969 beging sie auf Mansons Geheiß neun Morde in und um Los Angeles. Eines der Opfer war die schwangere Schauspielerin Sharon Tate, die Frau des Regisseurs Roman Polanski. Im Herbst kam die Polizei Manson und seinen Komplizen auf die Spur, 1970 wurde der oft als Massenmörder titulierte Manson wegen Verschwörung zum mehrfachen Mord zum Tod verurteilt. Er selbst hat niemanden ermordet, das ließ er andere für sich erledigen.

1972 hob Kalifornien die Todesstrafe als verfassungswidrig auf, Todesurteile wurden in lebenslange Haft umgewandelt. Zuletzt saß Manson im California State Prison Corcoran. Nun ist er 83-jährig gestorben.

Geboren wurde Charles Milles Manson am 12. November 1934 in Cincinnati, Ohio. Seine Mutter, damals 16 Jahre alt, saß wegen bewaffneten Raubüberfalls im Gefängnis. Manson wuchs bei Verwandten auf und landete noch als Jugendlicher in sogenannten Besserungsanstalten. Nach einer siebenjährigen Haftstrafe wurde er 1967 entlassen. Er ging nach San Francisco und fand sich inmitten der Hippiekultur wieder. Der kleine Mann mit dem stechenden Blick umgab sich mit jungen Ausreißern und gründete die sektenhafte "Manson Family".

Paranoiawelt "Helter Skelter"

Als ihr manipulativer Anführer fantasierte er sich eine Welt an einer Zeitenwende zusammen, die er nach dem Beatles-Song "Helter Skelter" nannte. Er wollte Rassenunruhen provozieren, um die Verfolgung von Schwarzen zu legitimieren. Seine Theorie war ein Mix aus Paranoia, Nazirassismus, Drogen und sexueller Freizügigkeit. Zudem hatte Manson musikalische Ambitionen.

Im Gefängnis hatte er Gitarrespielen gelernt, mochte die Beatles und fand in Dennis Wilson, dem Schlagzeuger der Beach Boys, einen kurzfristigen Förderer und Unterstützer. Wilson ließ Manson und sein Gefolge bei sich wohnen, die Beach Boys nahmen einen seiner Songs auf. Neil Young und andere Westküstenmusiker kreuzten seinen Weg.

Das berühmte "Life"-Cover

Nach seiner Festnahme hob ihn das "Life"-Magazin aufs Cover: Das Titelbild mit dem Typ mit dem irrem Blick ging um die Welt. Mehrmals wurde die Geschichte der Manson Family verfilmt, 1971 erschien Ed Sanders' Buch "The Family", eines von vielen, die sich dem Sujet widmeten. Punk und Postpunk kokettierten mit Manson. Bands und Musiker wie Psychic TV, Ozzy Osbourne, GG Allin, Sonic Youth und Guns N' Roses coverten seine Songs. Trent Reznor von Nine Inch Nails bewohnte Polanskis ehemalige Villa während der 1990er, die Band Kasabian ist nach einem "Family"-Mitglied benannt.

Von Manson selbst gibt es rund 50 Alben und Singles. Es sind Machwerke, die sich über die Magie des Bösen verkaufen. Brian Warners Künstlername Marilyn Manson ist eine Mischung aus Marilyn Monroe und Charles Manson, ein Ying und Yang des amerikanischen Traums und Albtraums.

Im Gefängnis gab Manson einige berüchtigte TV-Interviews. Sie zeigen einen wirr gestikulierenden Mann in Gefängnisuniform mit einer Hakenkreuztätowierung auf der Stirn. 1984 überlebte er nur knapp einen Brandanschlag, seine Gnadengesuche wurden alle abgelehnt. 2014 erhielt er die Genehmigung, die 26-jährige Afton Elaine Burton zu heiraten, doch er ließ den Termin verstreichen. Angeblich wollte sie ihn nach seinem Tod konserviert ausstellen.

Nun hat das Gruseln ein Ende gefunden. Am Montag ist Charles Manson nach langer Krankheit gestorben. Er wurde 83 Jahre alt, fast 60 davon verbrachte er im Gefängnis. (Karl Fluch, 20.11.2017)