Clemens Gütl (Hg.): "Hermann Junker. Eine Spurensuche im Schatten der österreichischen Ägyptologie und Afrikanistik". 232 Seiten / € 51,20. Cuvillier, Göttingen 2017

Buchpräsentation am 21. November 2017, 16 Uhr, Kunsthistorisches Museum, Vortragsraum (2. Stock)

Wien – Es war ein Forscherleben, wie man es vielleicht nur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben konnte: Ursprünglich schlug der aus Deutschland stammende Hermann Junker eine Laufbahn als katholischer Priester ein. Dann aber wechselte er zur Ägyptologie, habilitierte sich an der Uni Wien und machte unter anderem wichtige Entdeckungen in einem Gräberfeld nahe der Cheops-Pyramide.

Junker brachte es nicht nur zum Ordinarius für Ägyptologie (ab 1912), er initiierte 1923 auch die Gründung eines neue Instituts für Afrikanistik. 1929 übernahm er die Leitung des Deutschen Instituts für Ägyptische Altertumskunde, einer Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts, daneben arbeitete er weiter für die Akademie der Wissenschaften. 1934 wurde er schließlich noch Ordinarius an der Universität Kairo, wo er zehn Jahre lang unterrichtete.

Politisches Engagement

Diese erfolgreiche wissenschaftliche Grabungstätigkeit, der das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum Wien etliche Objekte verdanken, war überschattet von den politischen Wirren der Zeit und verlieh dem Leben von Junker durchaus Indiana-Jones-artige Züge, auch wenn der Ex-Priester politisch auf der "anderen" Seite stand, also jener der Nazis bzw. ihrer speziellen österreichisch-katholischen Ausprägung.

Junker wurde am 1. November 1933 Mitglied der NDSAP. Bereits in den Jahren zuvor hatte er sich in Wien in antisemitischen und deutschnationalen Zirkeln wie dem Deutschen Klub oder der geheimen Professorenclique "Bärenhöhle" engagiert. Nach 1945 entging er aufgrund der fortbestehenden Netzwerke wie so viele seiner Kollegen einer strengen "Entnazifizierung" und blieb auch nach dem Zweiten Weltkrieg ideologisch seinen Ansichten treu.

Verdienstvolle Spurensuchen

All dieser Aspekte und noch viel mehr beleuchtet der wunderschön gestaltete Sammelband "Hermann Junker. Eine Spurensuche im Schatten der österreichischen Ägyptologie und Afrikanistik", den der Afrikanist Clemens Gütl, Forscher am Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) aus Anlass des 140. Geburtstags von Junker herausgegeben hat und der am 21. November im Kunsthistorischen Museum präsentiert wird.

In sieben Kapiteln und auf 232 großformatigen Seiten werden die vielen wissenschaftlichen und politischen Facetten dieses Forscherlebens eingefangen, illustriert mit zahlreichen historischen Fotografien.

Allzu lange hat man sich an der Universität und auch der Akademie der Wissenschaften der Mittäter- und -läuferschaft vieler ihrer Professoren, die bereits in den 1920er-Jahren Nazi-Sympathisanten waren, nicht gestellt. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Der neue Sammelband über Hermann Junker ist ein besonders gelungenes Beispiel für diese späte, dafür aber umso gründlichere Aufarbeitung. (Klaus Taschwer, 20.11.2017)