Der Große Rote Fleck auf dem Jupiter, hier eine Aufnahme der Voyager-1-Sonde, gibt immer noch Rätsel auf.
Foto: Nasa

Flagstaff – Er ist Jupiters Markenzeichen und zugleich der größte Wirbelsturm des Sonnensystems: Der Große Rote Fleck etwa 22 Grad südlich des Äquators ist seit mindestens 200 Jahren bekannt. Es existieren allerdings Hinweise, dass er schon 1664 erstmals durch den Engländer Robert Hooke beobachtet worden ist, was bedeuten würde, dass der Sturm auf dem Gasriesen seit 350 Jahren tobt.

Obwohl das Phänomen in den vergangenen Jahrzehnten detailliert studiert worden ist, blieb bisher eine Frage ungeklärt: Wie kommt der Fleck zu seiner charakteristischen orange-roten Farbe? Die nachgewiesene Chemie der Jupiteratmosphäre in dieser Region lieferte zumindest keine befriedigende Erklärung: Die oberste Schicht bildet Ammoniak, darunter türmen sich Wolken aus Ammoniumhydrogensulfid, eine Verbindung, die bei höheren Temperaturen zerfällt, aber auf dem Jupiter stabil bleibt. Die tiefsten Wolkenbänke bestehen aus Wasser. All diese Gase sollten eigentlich weiße Wolken formen.

Protonen als Farbgeber?

Ein Team um Mark Loeffler von der Northern Arizona University in Flagstaff vermutet nun allerdings, dass für die Farbrezeptur des Wirbels auch hochenergetische Strahlung aus dem All eine wichtige Rolle spielt. Die Strahlung spaltet demnach in den Wolken Moleküle in kleinere Fragmente, die zu neuen Verbindungen zusammenfinden.

Die Wissenschafter fanden bei Laborversuchen heraus, dass Ammoniumhydrogensulfid unter Beschuss durch Protonen farbige Körnchen bilden. Bei einer Temperatur von -113 Grad Celsius erschien diese Substanz grün, bei -223 Grad Celsius aber wurden die Körnchen rötlich. Ein Vergleich mit dem Lichtspektrum, das vom Großen Roten Fleck abgestrahlt wird, ergab Parallelen zu den im Experiment gemessenen Lichtwellenlängen.

Auch die Nasa-Sondo Juno hat den riesigen Wirbelsturm ins Visier genommen.
Foto: NASA/JPL-Caltech/SwRI/MSSS/Gerald Eichstädt

Acetylen und UV-Licht

Noch besser passe die im Labor hergestellte Farbe aber, wenn man der Mischung Acetylen beifügt, berichtet Robert Carlson vom Jet Propulsion Laboratory in Kalifornien. Im Rahmen einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie im Fachjournal "Icarus" zeigte eine Behandlung dieser Mixtur mit UV-Strahlung einen Orangeton, der jenem des Großen Roten Flecks ziemlich exakt entspricht. Die festgestellte Konzentration von Acetylen in dem Wirbelgebiet würde laut Carlson diese These untermauern.

Acetylen entsteht, wenn Sonnenlicht in hohen Atmosphärenschichten Methan aufspaltet. Die so entstandenen Kohlenwasserstoffe wandern in tiefere Schichten, wo eine Kombination aus UV-Strahlung, Acetylen und Ammoniak die rötlichen Moleküle entstehen lässt. Dass sich die Farbe in dieser Region konzentriert, liegt laut Carlson daran, dass die Ammoniakwolken aufgrund des Sturms an dieser Stelle höher reichen als irgendwo sonst auf dem Jupiter, wodurch ihnen mehr Acetylen-Moleküle zugeführt werden.

Welche chemischen Komponenten dem Fleck seine Farbe verleihen, ist weiterhin umstritten.
Foto: Nasa

Zu wenig davon

Dieser These widerspricht allerdings Larry Sromovsky von der University of Wisconsin-Madison in "New Scientist". Der Wissenschafter stimmt zwar zu, dass das Modell bei passender Partikeldichte und -größe zur richtigen Farbe führt. Doch dabei gebe es ein wichtiges Problem: Damit dieses gewaltige Sturmgebiet den beobachteten Farbton bekommt, müsste die Atmosphäre des Gasriesen wesentlich mehr von dem roten Material erzeugen, als es rein rechnerisch überhaupt dazu in der Lage ist.

Das fehlende Puzzlestück könnten laut Sromovsky Tholine sein. Diese rote organische Mischung aus Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff wurde in unserem Sonnensystem bisher aber nur auf einigen Monden und dem Pluto zweifelsfrei nachgewiesen. (tberg, 21.11.2017)