Bekommt der VW-Käufer auch in letzter Instanz Recht, muss der Konzern zahlen.

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Wien/Wolfsburg – Im Skandal um manipulierte Software hat ein VW-Käufer vor dem Landesgericht Wels in zweiter Instanz Recht bekommen: Der Kaufvertrag ist aufzuheben, Volkswagen muss ihm den Fahrzeugwert ersetzen. Das Gericht sah in der Schummelsoftware einen nicht geringfügigen Mangel. Da VW den Käufer vorsätzlich getäuscht habe, sei eine Verbesserung durch VW nicht zumutbar, urteilte das Gericht.

Das mit 21. November datierte Urteil ist vorerst nicht rechtskräftig, das Gericht hat eine Revision zugelassen. Für Anwalt Michael Poduschka, der den Kläger vertritt, ist das Urteil "richtig, klar und nachvollziehbar". Seines Wissens ist es das erste Urteil zweiter Instanz, das einem Kläger Recht gibt. Einen Spruch des Höchstgerichts dazu gibt es noch nicht.

Gekauft um 13.000 Euro

Der Kläger hatte im Juli 2015 den gebrauchten Wagen um 13.000 Euro gekauft und wenige Monate später, nach nur 400 Kilometer Fahrleistung, die Aufhebung des Kaufvertrags wegen Täuschung verlangt. Dazwischen war bekannt geworden, dass VW eine Schummelsoftware in seinen Fahrzeugen installiert hatte, die auf dem Prüfstand für einen geringeren Stickoxid-Ausstoß sorgt als im Fahrbetrieb.

Das Erstgericht war noch davon ausgegangen, dass das Fahrzeug weiterverwendet werden kann und die Verbesserung durch das Software-Update relativ einfach möglich ist. Mit dem Update drohe auch kein Entzug der Zulassung, der Mangel sei geringfügig, daher sei der Vertrag nicht aufzuheben, hatte das Erstgericht erklärt.

Schummelsoftware als Mangel

Das Landesgericht Wels sah das nun in zweiter Instanz ganz anders: Grundsätzlich sei die Schummelsoftware ein Mangel, "weil üblicherweise ein Kfz-Käufer nicht damit rechnen muss bzw. kann, dass derartige Manipulationen vorgenommen worden sind". Auch dass der Entzug der Zulassung droht, wenn das von VW entwickelte Update nicht aufgespielt wird, sei als Mangel zu werten. Das werde dadurch verstärkt, dass der Autobesitzer verpflichtet ist, "von dem Unternehmen, das eine Manipulationssoftware in sein Auto integriert hat, eine weitere Software zur Rückgängigmachung der Manipulation entgegenzunehmen, um nicht den Verlust der Zulassung zu riskieren".

Dem Kläger ist es nach Ansicht des Gerichts "unzumutbar, eine Software aufspielen zu lassen, die von demselben Unternehmen entwickelt wurde, das ihn vorsätzlich getäuscht hat". Arglistige Täuschung beziehungsweise vorsätzliches Herbeiführen des Mangels erfülle den Tatbestand der Unzumutbarkeit aus triftigen Gründen. Außer der Software von VW gebe es aber keine Möglichkeit, die Lage zu sanieren.

Kaufpreis abzüglich Benützungsentgelt

Dazu komme, dass der Mangel nicht geringfügig sei. Gegen die Geringfügigkeit spreche, dass die Mängelbeseitigung vom Kraftfahrtbundesamt genehmigt werden muss und es mehrere Monate gedauert hat, bis die neue Software programmiert war. Abgesehen davon gebe es Beispiele dafür, dass selbst bei geringfügigen Mängeln der Kaufvertrag gewandelt werden musste.

Aus Sicht des Landesgerichts Wels war die Wandlung des Kaufvertrags "im konkreten Fall jedenfalls berechtigt", der Kaufvertrag war aufzulösen, der Käufer soll den Kaufpreis abzüglich Benützungsentgelt zurückerhalten. Wobei der Käufer im konkreten Fall sogar hoffen kann, mehr Geld zu bekommen, als er einst gezahlt hat. Denn das Gericht hat nur knapp 80 Euro Wertminderung angenommen und VW dazu verdonnert, 12.921 Euro plus (gesetzlich festgeschriebene) vier Prozent Zinsen zu zahlen. So ein Geschäft sei aber nur bei einer entsprechend geringen Fahrleistung möglich, schränkt Poduschka ein. (APA, 23.11.2017)