Mehrsprachigkeit ist in der Schule kein Leistungshindernis.

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Leistungsunterschiede zwischen Schülern mit und Schülern ohne Migrationshintergrund haben wenig damit zu tun, ob Deutsch die Erstsprache der Kinder ist oder nicht. Zu diesem Ergebnis kommt die Bildungsforscherin Barbara Herzog-Punzenberger von der Johannes-Kepler-Universität Linz.

Auf Basis der Bildungsstandards-Tests des Jahres 2012 hat sie Herkunft, Sprache und sozioökonomisches Milieu von Schülern sowie ihre Verteilung auf Schultypen und ihre schulischen Leistungen analysiert. Bei der Tagung "Migration und Mehrsprachigkeit – Die Vielfalt an Österreichs Schulen" am Donnerstag in der Arbeiterkammer wurden die Ergebnisse präsentiert.

Bildungsgrad der Mütter höchst unterschiedlich

Ausschlaggebend für die Leistungsunterschiede in der Schule sei vielmehr der Bildungshintergrund der Eltern, ergab die Analyse von 70.000 Schülern der achten Schulstufe (2011/12). Das gelte sowohl für Kinder, die deutschsprachig aufgewachsen sind, als auch für solche, die eine andere Erstsprache als Deutsch haben.

Beim Bildungshintergrund der Mütter zeigten sich je nach Herkunftsland große Unterschiede. Auf der einen Seite steht die Gruppe der in Ägypten geborenen Mütter, die einen hohen Anteil hochgebildeter Frauen aufweist. Auf der anderen Seite sind die in der Türkei geborenen Mütter, deren höchster Bildungsabschluss zu drei Vierteln die Pflichtschule (oder darunter) ist.

Auch Zusammensetzung der Klasse bedeutend

Die Ausgangsbedingungen sind demnach für Schüler mit Migrationshintergrund schwieriger, wenn die Eltern über ein geringes Einkommen und nur über einen Pflichtschulabschluss verfügen. Aber egal welchen Hintergrund ein Schüler mitbringe, die Zusammensetzung der Klasse sei für den schulischen Erfolg ebenfalls sehr wesentlich, sagt Herzog-Punzenberger.

Sie hat die Leistungen in Mathematik und Englisch der achten Schulstufe zusätzlich zur Sprachgruppe auch nach Gemeindegrößen ausgewertet. Hier zeigte sich: je kleiner die Gemeinde, desto geringer sind auch die Leistungen deutschsprachiger Schüler in Englisch und Mathematik. "Leistung steht nicht im Verhältnis zur Mehrsprachigkeit der Schüler. Und: Es ist kein städtisches Problem", sagt Herzog-Punzenberger. Denn dort, wo die Schulleistungen am höchsten sind – in großen Städten –, sind auch die durchschnittlichen Leistungen der nur Deutsch Sprechenden am höchsten.

Starke Unterschiede zwischen Sprachgruppen

Manche Sprachgruppen schneiden ähnlich oder sogar besser ab als rein deutschsprachige Schüler, während andere darunter liegen. Jedenfalls aber weise Österreich wesentlich stärkere Unterschiede in den Leistungstests der achten Schulstufe auf als Länder mit einer späteren schulischen Trennung. Das verschlechtere die Lernergebnisse von Kindern mit einer anderen Erstsprache als Deutsch zusätzlich, sagt die Bildungsforscherin.

Das Bild der Schüler mit Migrationshintergrund werde nach wie vor von Personen geprägt, die in den 1960er- und 1970er-Jahren nach Österreich gekommen seien. "Da wurden aber Personen angeworben, die wenig Schulbildung hatten", sagt Herzog-Punzenberger. Dieses Bild könne durch die Studie jedenfalls nicht bestätigt werden. (ost, 23.11.2017)