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Eines Tages wird Angela Merkel packen und gehen.

Foto: AP / Bend von Jutrczenka

Berlin – Missmut wegen des Scheiterns der Jamaika-Sondierung? Keine Lust mehr aufs Weitermachen? Weit gefehlt. Als die deutsche Kanzlerin Angela Anfang dieser Woche mit leeren Händen dastand, weil ihr die FDP davongelaufen war, überraschte sie so manchen in den eigenen Reihen.

Natürlich werde sie bei Neuwahlen wieder als Spitzenkandidatin der CDU antreten, erklärte sie in diversen Fernsehinterviews. Und sie werde dies nicht tun, um bald wieder zu verschwinden, sondern wolle dann vier Jahre im Amt bleiben. Das habe sie immer schon gesagt, und "es wäre sehr komisch", wenn sie nun allein aufgrund der FDP-Entscheidung sage: "Das gilt nicht mehr."

Merkel ließ niemanden groß werden

Es klang ein bisschen nach: "Wer soll es denn sonst machen?" Und da ist etwas Wahres dran. Seit zwölf Jahren ist Merkel deutsche Bundeskanzlerin, und ein eindeutiger Nachfolger oder eine eindeutige Nachfolgerin ist nicht in Sicht. Das liegt an der Chefin selbst, die niemanden aufgebaut oder neben sich groß werden hat lassen. Doch Merkel allein für das Vakuum verantwortlich zu machen wäre zu kurz gegriffen.

Es gibt einfach niemanden in der CDU, der für kanzlertauglich gehalten wird. Dabei ist Merkel längst nicht mehr sakrosankt. Ihre schärfsten Kritiker sitzen in der Jungen Union, was sie zurzeit noch nicht beunruhigen muss.

Spekulationskarussell

Doch spekuliert wird natürlich in Berlin, wer – wenn es für Merkel eng wird – übernehmen könnte. Immer wieder wird die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer genannt, die ähnlich wie die Kanzlerin tickt. Sie ist unprätentiös und pragmatisch, würde die CDU eher nicht nach rechts rücken und denkt in der Flüchtlingsfrage wie Angela Merkel. Sie hätte wohl mehr Chancen als ihre Parteikollegin, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Diese gilt in der CDU als zu ehrgeizig, was sich in den Wahlergebnissen niederschlägt.

Von der Leyen ist ja auch CDU-Vizechefin und bekommt auf Parteitagen meist schlechte Ergebnisse. Zudem verzeihen ihr einige nicht, dass sie sich, als rechtsextreme Tendenzen bei der Bundeswehr offenbar wurden, von der Truppe distanzierte.

Noch eine Merkel-Stellvertreterin käme infrage oder hält sich – wie Berliner Lästermäuler meinen – für geeignet: Julia Klöckner, CDU-Landeschefin von Rheinland-Pfalz. Sie galt als ernsthafte Anwärterin auf die Nachfolge von Merkel, doch dann distanzierte sie sich 2016 in der Asylpolitik und wurde bei der Landtagswahl abgestraft. Es gelang ihr nicht, Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) aus dem Amt zu drängen. Noch ein Landespolitiker ist ins Blickfeld gerückt: Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, den bis vor kurzem kaum jemand südlich von Hamburg kannte.

Seine Aktien sind aber seit dem Scheitern von Jamaika in Berlin wieder gefallen. Denn Günther war vor allem interessant, weil er in Schleswig-Holstein ein Jamaika-Bündnis hinbekommen hat und mit diesem seit dem Sommer geräuschlos regiert.

"Junger Wilder" Spahn und "bewährter Alter" Schäuble

Dann gäbe es noch einen "jungen Wilden" und einen "bewährten Alten": Finanzstaatssekretär Jens Spahn und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Spahn (37) ist ein Fan von Sebastian Kurz und fiel mit Kritik an der Flüchtlingspolitik auf. Einigen erscheint er aber zu jung. Und Schäuble hat nun ja schon ein schönes, hohes Amt. Aber wenn Not am Mann wäre, kann man davon ausgehen, dass er als Übergangskandidat bereit wäre. (Birgit Baumann, 24.11.2017)