Die Rubicon IT entwickelte etwa die Sicherheitsapp der Polizei.

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Der Aufstieg der Softwarefirma Rubicon IT aus Wien ist eine Erfolgsgeschichte. Anfangs eine langsame – der Markteintritt erfolgt 2002, 2007 hält man bei 22 Mitarbeitern. Dann eine sehr schnelle: Aktuell hat die Rubicon IT 152 Mitarbeiter und Beteiligungen in der Schweiz und Deutschland. Dafür dürfte auch eine innige Geschäftsbeziehung zum Innenministerium verantwortlich sein. Seit 2007 hat die Rubicon IT mindestens zehn Aufträge des Ministeriums erhalten. Das Volumen: 13,6 Millionen Euro. Öffentliche Ausschreibungen gab es dafür keine, wie Recherchen von STANDARD und "Profil" zeigen.

Ein Grund dafür sind etwa "nationale Sicherheitsinteressen". Das Innenministerium verweist auf entsprechende Passagen im Bundesvergabegesetz, wo es heißt, dass öffentliche Verfahren ausgesetzt werden können, "wenn der Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen der Republik Österreich es gebietet".

"Externe Experten"

Wie funktioniert also so eine nicht-öffentliche Vergabe? Laut Innenministerium werden zwei bis vier "ausgewählte Softwareanbieter" eingeladen, ihre Angebote zu präsentieren. Danach werden diese intern und "unter Beiziehung externe Experten" evaluiert. Dann erfolgt der Zuschlag. Die Rubicon IT hat für das Innenministerium etwa ein "Elektronisches Dokumentationsmanagement- und Informationssystem" (EDIS II) gekauft. Oder eine "Integrierte Polizeiliche Datenanwendung" sowie ein "Protokollierungs-, Anzeigen- und Datensystem". Aus dem Betrieb der Anwendungen ergeben sich neue Aufträge, 2014 wurden etwa rund 650.000 Euro für "Wartungsleistungen" bezahlt.

Sicherheitsapp der Polizei

Die Rubicon IT ist auch für jene "Sicherheitsapp" der Polizei verantwortlich, die wegen der Veröffentlichung von expliziten Fotos – etwa von Leichen – in die Kritik geriet. Die Entwicklung der App wurde mittels Direktvergabe beauftragt, Auftragsvolumen waren 84.640 Euro. Doch wie kam es zur Geschäftsbeziehung zwischen Innenministerium und Rubicon IT? Laut den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern Peter Grassnigg und Thomas Kuhta kam das Unternehmen durch das "digitale Fundamt", das die Rubicon für Österreichs Gemeinden mit dem Städtebund entwickelte, erstmals mit dem Innenministerium in Kontakt. Deshalb wurde das Unternehmen dann auch zur Angebotsabgabe für das Projekt EDIS II eingeladen.

"Nischenanforderungen"

"Es zeigt sich in der IT generell, dass kleinere Unternehmen oft Nischenanforderungen erkennen, zu ihrer Kernkompetenz machen und sich dadurch Wachstumspotenziale und nicht selten auch Alleinstellungsmerkmale schaffen", sagt Grassnigg zu STANDARD und "Profil". Im Innenministerium heißt es, man sei auf die Rubicon IT gestoßen, indem man "Marktforschung" betrieben habe. In anonymen Briefen, die STANDARD und "Profil" erhalten hatten, war Mitarbeitern des Innenministeriums Vetternwirtschaft unterstellt worden. Tatsächlich ist Rubicon-Mitgründer Grassnigg angeheiratet mit dem ehemaligen Kabinettschef Michael Kloibmüller verwandt.

Eng verzahnt

Doch intensive Recherchen von STANDARD und "Profil" lieferten keine Hinweise auf eine Einflussnahme. Die beteiligten Personen bestreiten dies auch vehement. Allerdings sind Rubicon IT und Innenministerium mittlerweile auch auf andere Art eng verzahnt. Gesellschafter der Rubicon sind über Stiftungen Johannes Strohmayer und Robert Schächter, deren zwei Stiftungen neunzig Prozent an der Oesterreichischen Staatsdruckerei halten.

Diese hat wiederum ein Monopol auf Sicherheitsdrucksorten der Republik Österreich, also eine enge Geschäftsbeziehung zum Innenministerium. Aber auch durch diese Beteiligung soll es laut Grassnigg "definitiv" zu keinen Einflussnahmen bei der Auftragsvergabe an die Rubicon gekommen sein. Eine Anfrage an Strohmayer und Schächter blieb unbeantwortet. (Fabian Schmid, Maria Sterkl, 26.11.2017)