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Schnäppchenjäger versuchen in São Paulo am Black Friday Fernseher zu ergattern.

Foto: Reuters/PAULO WHITAKER

Wien – Am 18. Juli 390 vor Christus haben 40.000 römische Legionäre ihre Rüstungen angelegt und sich auf den Weg an die Allia, einen Nebenfluss des Tibers, gemacht. Die Römer wussten damals wahrscheinlich nicht, dass die Schlacht, die an diesem Tag noch stattfinden wird, Millionen Kaufsüchtige zwei Jahrtausende später in Geschäfte locken wird.

Das Gefecht endete mit dem Sieg der Gallier. In Rom ging das Debakel als Dies ater, als schwarzer Tag, in die Geschichtsbücher ein. Das Wort wurde daraufhin im römischen Imperium immer dann verwendet, wenn das Heer unterlag. Der Überlieferung nach ruhten die Amtsgeschäfte nach solchen Niederlagen.

Börsencrash und Bootsunfall

Schwarze Tage haben in der Vergangenheit häufig negative Ereignisse bezeichnet. Schwarzer Freitag wurde beispielsweise der 24. September 1869 genannt, der Start der amerikanischen Finanzkrise. Auch der Crash der Wiener Börse im Mai 1873 brachte einen schwarzen Freitag hervor. An einem schwarzen Freitag 1881 starben 190 Fischer in Schottland, an einem weiteren schwarzen Freitag 1910 wurde die Suffragetten-Bewegung in London brutal niedergeschlagen. In Südkorea gibt es gar einen fixen schwarzen Tag im Jahr: Wer den Valentinstag allein verbringt, isst zwei Monate später, am 14. April, Jajangmyeon – Weizennudeln mit schwarzer Sojapaste.

Und dennoch gelang es dem Handel, den Black Friday zu einem glorreichen Tag zu ernennen. Mit vermeintlich einmaligen Aktionen locken Geschäfte auf der ganzen Welt Millionen Menschen im vorweihnachtlichen Kaufrausch in den Shoppingwahn. Ähnlich wie im römischen Imperium ruhen am Black Friday – zumindest in einigen US-Bundesstaaten – die Amtsgeschäfte. Beamte müssen am Feiertag des Kapitalismus nicht arbeiten.

Nicht zu verwechseln ist der Black Friday jedoch mit dem Schwarzen Freitag, dem großen Börsencrash in den Vereinigten Staaten im Jahr 1929. Der heißt in den USA aufgrund der Zeitverschiebung nämlich Black Thursday.

Thesen und Mythen

Wie der Black Friday – trotz der historisch negativen Konnotation – zu seinem Namen kam, ist nicht ganz geklärt. Der Shoppingtag wird jährlich nach Thanksgiving, also immer am vierten Freitag im November gefeiert und gilt als Startschuss für das Weihnachtsgeschäft. Das Beiwort schwarz könnte daher kommen, dass sich Unternehmenszahlen im Handel vom Roten ins Schwarze wenden. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Hände der Verkäufer durch das viele Geldzählen schwarz wurden. Wieder eine andere Theorie besagt, dass der Begriff aus Philadelphia stammt. Dort sollen Polizisten ihn verwendet haben, um den starken Verkehr nach Thanksgiving zu beschreiben.

Immer wieder kursierten auch anderen Mythen: Vor dem Bürgerkrieg sollen US-Amerikaner aus dem Süden am Tag nach Thanksgiving Sklaven verkauft haben. Diese wie auch weitere Angaben dürften jedoch mehr Fantasie als Fakten sein. Unumstritten ist jedoch: Die Geburtsstätte des Einkaufstags liegt in den USA. In keinem anderen Land der Welt wird der Tag so zelebriert. Viele Geschäfte öffnen bereits um Mitternacht oder in den frühen Morgenstunden ihre Türen. Bei dem Gerangel um die besten Produkte kommt es immer wieder zu Ausschreitungen, sodass der Black Friday tatsächlich zum schwarzen Freitag wurde: Seit 2006 sind zehn Personen in den USA an den Shoppingtagen umgebracht worden. Einige wurden beim Streit um Produkte oder Parkplätze erschossen, andere von Massen schlichtweg niedergetrampelt. Hinzu kommen im gleichen Zeitrahmen mindestens 105 Verletzte.

Rabatte als PR-Gag

Dabei sind die Aktionen oft nicht mehr als ein Marketinggag: Eine britische Studie etwa hat ergeben, dass 60 Prozent der Produkte, die am Black Friday als Schnäppchen vertrieben werden, zu anderen Zeitpunkten im gleichen Jahr günstiger waren. Oft wird die Preisreduktion von dem vom Händler empfohlenen Preis abgerechnet, was bei manchen Produkten tatsächlich den Anschein erwecken kann, dass Fernseher und Jeans auf einmal um 50 Prozent günstiger sind. Zahlreiche Erhebungen belegen, dass das jedoch nur selten der Fall ist.

Weltweites Shoppen

Mittlerweile locken Schnäppchen Einkäufer auf der ganzen Welt am Freitag nach Thanksgiving – auch dort, wo dieses gar nicht gefeiert wird – in Einkaufszentren. Dabei wird der Name aber nicht überall gern gesehen. In manchen muslimischen Ländern wie etwa Pakistan hat man den Shoppingtag in White oder Blessed Friday – also weißer oder gesegneter Freitag – umbenannt. Der Tag ist im Islam der heiligste Wochentag und soll deshalb nicht mit negativen Ereignissen assoziiert werden.

Pakistan ist übrigens auch jenes Land, das einen in etwa gleich hohen CO2-Verbrauch hat wie die gesamte Modebranche, die vom Black Friday profitiert. Der Konsumrausch, in den viele Menschen Ende November verfallen, hat nicht wenige weitere Folgen für die Umwelt: Zu dem CO2-Ausstoß kommen Faktoren wie Verpackungsmüllberge und Elektroschrott. Aus Protest gegen den Konsum wurde bereits 1992 von Kritikern der Kauf-nix-Tag eingeführt, der in den USA am Black Friday selbst und in Europa am Samstag darauf begangen wird. Die Vermutung, dass auch er auf die Römer zurückgehe, ließ sich nicht erhärten. (Nora Laufer, 24.11.2017)