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Juan Orlando Hernández, Präsident von Honduras, bei einer Wahlveranstaltung in Sabana Grande. Der Wahlkampf gegen die linke Opposition polarisiert das Land.

Foto: AP / Fernando Antonio

Dass Juan Orlando Hernández als Mann der USA gilt, würde man nicht sofort vermuten: Washington sei "größtenteils verantwortlich" dafür, dass sich in seinem Land "eine Tragödie" ereigne, sagt der Präsident von Honduras im Interview mit dem STANDARD. Die meisten der Drogen, die in Honduras für Gewalt und Angst sorgen, seien für die USA bestimmt.

Doch dann macht er seinen Standpunkt deutlich: Die Verantwortung der USA, sagt er, sei auch der Grund, wieso er die US-Armee in das mittelamerikanische Land gebeten habe und ihr Stützpunkte zur Verfügung stellt. Es sind mittlerweile die wichtigsten, die die USA in Mittelamerika betreiben. Auch deshalb will Washington nach der Wahl am Sonntag Hernández wieder als Sieger sehen.

Doch das könnte knapp werden, denn die Stimmung in Honduras ist äußerst gespalten: In El Pedregal, einem der Armenviertel in der Hauptstadt Tegucigalpa, leben vor allem Gegner des Staatschefs. Dort haben noch immer kriminelle Jugendbanden das Sagen, trotz seiner Versprechen zum Kampf gegen die Kriminalität. Zwar patrouillieren jetzt öfter Polizei und Armee, zwar sind einige der Bandenchefs in den neuen Hochsicherheitsgefängnissen gelandet. Doch der Überlebenskampf ist nicht einfacher geworden. "Es gibt keine Arbeit, und die Banden haben die Schutzgeldforderungen erhöht", klagt Erika Fernández, die einen Obststand am Eingang des Viertels betreibt. Für sie ist es klar, dass sie am Sonntag Salvador Nasralla ihre Stimme geben wird.

Herrschaft der Eliten

Der schrille frühere Sportjournalist an der Spitze seiner Antikorruptionspartei (PAC) hat ein Bündnis mit dem Expräsidenten Manuel Zelaya und dessen linker Partei Libre geschlossen. Zelaya war 2009 von Militär und Unternehmern aus dem Amt geputscht worden, nachdem er mit dem sozialistischen Venezuela geliebäugelt hatte und ein Plebiszit über die Wiederwahl abhalten wollte.

Präsident Hernández hingegen erlaubte das Höchstgericht jüngst explizit ein nochmaliges Antreten. Dass heute möglich ist, was noch vor wenigen Jahren zum Umsturz führte, irritiert viele. Jesuitenpriester und Radiodirektor Ismael Moreno kritisiert die Herrschaft der Eliten, deren Interessen sich vom Handel über das Finanzwesen, die Exportlandwirtschaft bis zu erneuerbaren Energien erstrecken. Und sie sind häufig der Grund für die Land- und Umweltkonflikte, die voriges Jahr im März in der Ermordung der Umweltaktivistin Berta Cáceres gipfelten.

Vom Atlantik zum Pazifik

Das ist die hässliche Fratze der staatlich-privaten Partnerschaften, mit denen Hernández die Infrastruktur ausbaut und das Land in einen internationalen Logistikhub verwandeln will. Er selbst lobt im STANDARD-Gespräch die zentrale Lage des Landes mit Häfen am Atlantik und am Pazifik. "Ich stelle mir Honduras als logistische Regionalplattform vor, über die der regionale und ein Teil des internationalen Handels abgewickelt wird." Noch ist es nicht so weit, vieles ist billig zu haben. Eine Stimme zum Beispiel kostet manchmal nur zwei Säcke Reis und Bohnen. Das jedenfalls war der Inhalt des "Solidaritätspakets", das Wendy Guillén neulich von der Regierung bekommen hat.

Für die 22-Jährige eine wichtige Stütze. "Ich muss mich und meine Tochter durchbringen. Da ist selbst das kleinste bisschen viel wert", sagt sie und schwenkt die blaue Fahne mit dem weißen Stern von Hernández‘ Nationalpartei. Dabei profitierten bisher vor allem die USA vom Freihandel mit Honduras, dessen eigene Landwirtschaft unter den billigen Exporten leidet. Hernández sprach das Thema im Wahlkampf an. Zum STANDARD sagte er, die "Ernährungssouveränität" des Landes habe nun Priorität.

Sozialprogramme und Kredite

Seine Kampagnenhelfer haben gute Vorarbeit geleistet in Talaubé, einem Dorf in den Bergen des mittelamerikanischen Landes. Die Stimmung ist ausgelassen, Fahnen und Bändchen finden großen Anklang. Der Präsident selbst landet mit dem Hubschrauber, gibt sich dann aber volksnah in Jeans und Bergschuhen und verspricht das Übliche: mehr Sozialprogramme, eine anständige Markthalle, Kredite für Kleinbauern. JOH, wie er im Volksmund genannt wird, stammt selbst aus der unteren Mittelschicht, den Traum vom Aufstieg kann der 49-Jährige der Bevölkerung glaubwürdig verkaufen.

Was der Wahlsonntag bringen wird, ist unklar. Zuverlässige Umfragen gibt es nicht, interne Kampagnendaten zeigen angeblich einen leichten Vorsprung für Hernández. Und das, obwohl der Präsident selbst einst unter Beschuss kam, nachdem ein in die USA ausgelieferter Drogenboss dort gestanden hatte, er habe Geschäfte mit Hernández Bruder Tony gemacht.

"Keiner steht über dem Gesetz", sagte der Staatschef von seinem Bruder und distanzierte sich von diesem. Washington hilft auch das: Ein Präsident, der mit harter Hand regiert, aber erpressbar ist – ein besseres Szenario gibt es für die USA in der unruhigen Region wohl kaum. (Sandra Weiss aus Tegucigalpa, 24.11.2017)