Die stellvertretende Ministerpräsidentin Irlands, Frances Fitzgerald, muss sich einem Misstrauensvotum stellen.

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Ministerpräsident Varadkar stellt sich hinter seine Stellvertreterin.

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Dublin – Die Krise um Irlands Minderheitsregierung spitzt sich zu. Ministerpräsident Leo Varadkar erteilte am Freitag Forderungen nach einem Rücktritt seiner Stellvertreterin Frances Fitzgerald eine Absage. Stattdessen drohte er mit Neuwahlen noch vor Weihnachten, sollte ein Misstrauensantrag der Opposition gegen die Vize-Regierungschefin nicht bis Dienstag zurückgezogen werden.

Es wäre falsch, "eine gute Frau unter den Bus zu werfen, um mich selbst und meine eigene Regierung zu retten", sagte Varadkar dem Sender RTE. Er werde Fitzgeralds Rücktritt nicht fordern und er rechne auch nicht damit, dass sie diesen von sich aus anbieten werde.

Misstrauensvotum angekündigt

Die konservative Partei Fianna Fail hat ein Misstrauensvotum gegen die stellvertretende Ministerpräsidentin Fitzgerald für kommende Woche angekündigt. Ihr wird vorgeworfen, sich im Fall eines Whistleblowers im Jahr 2015 falsch verhalten zu haben. Der betroffene Polizist hatte Missstände bei Behörden angeprangert und war danach von Kollegen gemobbt worden.

Die fragile Minderheitsregierung wird von der Fianna-Fail-Partei unterstützt, die von einem Vertrauensverlust gegenüber Fitzgerald sprach. Premier Varadkar konterte jedoch, es handle sich um "erfundene Beschuldigungen durch politische Gegner".

Rücktrittsforderung "auf Sand gebaut"

Unterstützung für die Vize-Ministerpräsidentin gab es auch vom irischen Außenminister Simon Coveney am Freitag am Rande des EU-Ost-Partnerschaftsgipfels in Brüssel: Die Forderung eines Rücktritts sei auf Sand gebaut. "Irland kann eine Neuwahl jetzt nicht gebrauchen", schimpfte der Politiker. Er sei frustriert und verärgert. "Wir stehen vor enorm wichtigen Entscheidungen über die Zukunft Irlands", betonte er mit Blick auf den Brexit.

Der Austritt Großbritanniens aus der EU, dem europäischen Binnenmarkt und der Zollunion hat auch für Irland Folgen: Die neue EU-Außengrenze wird zwischen Irland und dem britischen Nordirland verlaufen. Bisher ist die Trennlinie fast unsichtbar und kann problemlos passiert werden. Experten fürchten durch den Ende März geplanten Brexit erhebliche Nachteile für die Wirtschaft und sehen den Friedensprozess zwischen Katholiken und Protestanten in der Region gefährdet.

Schon Vorgänger unter Druck

Varadkars Vorgänger Enda Kenny war ebenfalls wegen seiner Rolle in einer Schmutzkampagne gegen den Whistleblower unter Druck geraten. Er hatte zugegeben, falsche Angaben in der Affäre gemacht zu haben. Er wurde im vergangenen Juni abgelöst. Varadkar ist der erste irische Ministerpräsident, der sich als schwul outete. In dem katholisch geprägten Land waren homosexuelle Beziehungen bis 1993 strafbar. (APA, 24.11.2017)