Wer sich auf die Suche nach der Wahrheit begibt, wird in der Politik nicht immer leicht fündig. In einigen Ausnahmesituationen zeigt mancher politischer Akteur allerdings doch sein wahres Gesicht: Wenn ihm am Wahltag eine Niederlage gegen einen übermächtigen Gegner droht, zum Beispiel. Das können gerade die niederösterreichischen Wähler bei der FPÖ beobachten.

Deren Ausgangslage ist tatsächlich schwierig. Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) hat seine Nachfolge geregelt, wie im schwarzen Kernland üblich – nach strengem Regiment und hochprofessionell. Die Amtsübernahme durch Johanna Mikl-Leitner, die in den Monaten vor der Wahl im Jänner ein Prestigeprojekt nach dem anderen präsentiert, lässt die Blauen wohl zittern – noch dazu, wo sie mit der ohnehin stark nach rechts gerückten ÖVP im Bund eine gemeinsame Regierung verhandeln und dadurch ihr Profil zu verlieren drohen: Wenn "die Hanni" bereits mittels Kürzung der Mindestsicherung Symbolpolitik gegen "die Faulen" betreibt und man sich mit den Schwarzen im Bund ohnehin auf Verschärfungen bei Migration und Asyl einigt, wer soll dann noch FPÖ wählen?

Das zwingt die FPÖ allem Anschein nach dazu, Stil und Niveau im Wahlkampf hintanzustellen – und wie weit sie dabei geht, offenbart den rassistischen Kern dieser Partei: Weil niederösterreichische Kindergartenkinder künftig Feste und Mahlzeiten aus anderen Kulturen kennenlernen sollen (ein Skandal erster Güte, wenn Fünfjährige nicht nur Nikolo feiern und Schweinsschnitzel essen!), wird die Landeshauptfrau "Moslem-Mama" genannt. Das ist nicht nur ein grober Untergriff, sondern auch schlicht lächerlich: Mikl-Leitner kann man vieles vorwerfen, "Multi-Kulti-Politik" gehört nicht dazu.

Im Nationalrats- und besonders im Präsidentschaftswahlkampf hat sich die FPÖ noch staatstragend bis streichelweich gegeben, um die ohnehin schon große Unterstützerbasis weiter zu verbreitern. Nun versucht man die akut fremdenfeindliche Kernwählerschaft zu erweitern – um zumindest das Ergebnis der Landtagswahl 2013 (acht Prozent) deutlich zu übertreffen. Die Mittel, auf die sie dafür zurückgreift, machen die aktuelle FPÖ-Kampagne vielleicht zur ehrlichsten seit Jahren. (Sebastian Fellner, 28.11.2017)