Das neue Benkei wirkt nüchterner als an der früheren Adresse – dafür ist das Essen noch besser geworden.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Kamameshi Tori: Der heiße Eisentopf kommt in einer Holzkassette zu Tisch, darin verbirgt sich brennheißer Reis mit allerhand Pilzen und saftigem Hendlkeulenfleisch.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wegen abgegriffener Speisekarten, mickriger Weinauswahl und anderer Marginalien bekam das Benkei in den Besprechungen von Gault-Millau alle Jahre wieder sein Fett ab – die Haube wurde dessen ungeachtet ebenso regelmäßig verliehen. Tatsächlich war das zugige, zuletzt schon deutlich ramponierte Lokal an der Ecke Ungar- und Beatrixgasse über die vergangenen 18 Jahre eine der wenigen Adressen der Stadt, wo man japanische Alltagsküche ebenso wie Sushi und Sashimi in vergleichsweise sehr ordentlicher Variation und Sorgfalt finden konnte. Dass die Betreiberfamilie Chang aus Taiwan stammt und Tochter Yu-Lin als Sushi-Köchin eine reine Autodidaktin ist, stand dem nicht im Weg. Es sagt aber einiges über die grundsätzliche Qualität der japanischen Restaurants in Wien aus.

Ein paar Ecken weiter

Seniorchefin Okasan ist Anfang des Jahres verstorben, davon unabhängig plante die junge Generation schon länger den Neustart. Die neue Adresse ist wie zuvor ein Eckhaus in der Ungargasse, nur halt etwas weiter stadtauswärts. Das Interieur wirkt im Vergleich nüchterner, die filigranen dänischen Designerstühle aus dem alten Benkei aber haben überlebt und stehen frisch renoviert, mit mustergültig repariertem Kordelgeflecht, bereit. Wer mag, kann sich auch hier in einen Tatami-Raum zurückziehen.

Zu Beginn empfehlen sich Kobachi, kleine Gerichte, die in die Tischmitte gestellt werden, damit alle kosten können. Yama-Imo Somen ist rohe, in akkurate Stifte geschnittene Yamswurzel in kühl rauchigem Dashi-Sud, ein wunderbar frischer, knackiger Appetitmacher, der auch noch exotische Fäden zieht. Salat aus Wakame-Algen ist ähnlich animierend, mit dezenter Schärfe, die erst nach ein, zwei Bissen wahrnehmbar ist. Soll extrem gesund sein. Das lässt sich von den frittierten Satsuma Age nicht sagen – die Fish-Cakes geraten aber auf so wundersam würzige Art außen knusprig und innen mollig, dass man sie unbedingt haben will. Yaki Gyoza, gebratene Teigtaschen, sind aus ideal bissfestem, seidig elastischem Teig geformt, die Fülle aus Schweinefleisch und Ingwer hat im Kontrast dazu genau die richtige, handfest deftige Konsistenz.

Fett, federleicht

Mit Tempura Moriawase sind wir schon bei den Hauptspeisen. Das frittierte Gemüse, vom knallgrünen Mangoldblatt über schmelzigen Kürbis und Melanzani, knackige Karottenscheiben bis hin zu festen Kräuterseitlingen, ist wie die Salzwassergarnelen in federleichten, kaum fettigen Backteig gehüllt, die Tentsuyu-Dipsauce unterstreicht den Eindruck der Schwerelosigkeit mit feiner Balance aus Süße und zarter Bittere des geriebenen Daikon-Rettichs. Kamameshi Tori ist herzhafte Kost für kalte Tage: Der heiße Eisentopf kommt in einer Holzkassette (siehe Bild) zu Tisch, darin verbirgt sich brennheißer Reis mit allerhand Pilzen und saftigem Hendlkeulenfleisch. Der köstliche Knusper an der Innenseite des Topfes lässt sich dank hölzernen Schabers entschlossen ablösen, mmh! Miso Yaki, in Miso gegrillter Heilbutt, ist ein von Stammkunden heißgeliebter Benkei-Klassiker. Diesmal kamen luxuriös blätternde Kabeljau-Loins zum Einsatz – schmeckte sogar noch besser.

Und die Sushi? Sind eine ganz eigene Geschichte, weil das Benkei neben den hierorts üblichen Combination-Platters auch vergleichsweise sorgfältiger gemachte Nigiri im Angebot hat, die auf der Karte stückweise angeboten werden. Da darf man sich auf explosiv aromatische Seeigel-Gonaden auf den nicht zu fest geformten, lauwarmen Reispatzerln freuen, auf wächserne Goldbrasse und Kalmar, auf zart gesäuerte Makrele und, mit ein bissl Glück, auch auf nicht zu dünn geschnittene Tranchen vom kühl schmelzenden Hamachi.(Severin Corti, RONDO, 1.12.2017)

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