Graffito am Wiener Donaukanal.

Foto: APA/Hochmuth

Wien – Der Wiener Donaukanal hat sich in den vergangenen Jahren von einem heruntergekommenen Areal zu einem städtischen Aushängeschild in Sachen Freizeitgestaltung gemausert. Mit einem Drink am Wasser zu sitzen, entlang des Kanals zu spazieren oder zu sporteln wird immer beliebter. Die Zahl der Gastrobetriebe ist sukzessive gestiegen. Mittlerweile bieten die Lokale in unterschiedlichen Größen – von der Summerstage im Norden bis zur kleinen Hafenkneipe kanalabwärts – im Sommer einige tausend Plätze an.

Am Kanal bahnen sich aber große Veränderungen an. Denn gleich sechs Flächen zwischen Augarten- und Franzensbrücke werden aktuell neu ausgeschrieben. Betroffen sind nach STANDARD-Informationen der Tel Aviv Beach, die Adria Wien, das Feuerdorf, die Badeschiff-Vorkaifläche, der Central Garden und die Hafenkneipe.

Grafik: Der Standard

Bund, Wien und Niederösterreich

Die Flächen am Donaukanal gehören der Donau Hochwasserschutz Konkurrenz (DHK), die aus einem Gremium aus Bund, Stadt Wien und Land Niederösterreich besteht. Gestartet wurde laut DHK-Unterlagen ein "voraussichtlich zweistufiges Evaluierungsverfahren": Interessierte können sich bei der Anwaltskanzlei Hauswirth-Kleiber melden und Informationen anfordern. Laut Via Donau, der geschäftsführenden Stelle der DHK, sind Bewerbungen bis 15. Dezember möglich. Die Auswahl erfolgt durch eine Personenkommission.

Umbruch in Gastroszene absehbar

Die Verträge mit den Betreibern der obengenannten Lokale laufen spätestens im Oktober 2018 ab. Diese können sich erneut bewerben, vergeben werden Zehnjahresverträge. Dennoch ist ein Umbruch in der Gastroszene am Kanal absehbar. So soll ein Interessent nur noch eine ausgeschriebene Fläche zugewiesen bekommen können. Hält dieser an zwei Gesellschaften, die sich für die ausgeschriebenen Flächen interessieren, mehr als 25 Prozent, kann dieser höchstens einmal zum Zug kommen.

Betroffen davon wäre Gerold Ecker, der sowohl die Adria (seit 2005) als auch das Badeschiff (seit 2006) betreibt. "Wir arbeiten seit Jahren erfolgreich, haben den Donaukanal als Hotspot mitaufgebaut und viel Geld investiert. Und jetzt soll es uns weggenommen werden", sagt Ecker, der auch von "Willkür" und "Scheintransparenz" spricht. Anfang der Woche fand ein Treffen der betroffenen Betriebe statt. Ecker hatte für seine Flächen nach Auslaufen von Zehnjahresverträgen nur "Ergänzungsverträge" über 18 Monate erhalten – die 2018 auslaufen. Er werde das "rechtlich bekämpfen", so Ecker. An der Ausschreibung werde er sich "nicht beteiligen".

Umsatzbeteiligung von sechs Prozent

Klar ist, dass Betreiber, die mit ihren Projekten zum Zug kommen wollen, für den neuen Vertrag mehr als bisher an das öffentliche Gremium zahlen müssen: einen Mindestbestandzins nach Richtsätzen der DHK und eine "Umsatzbeteiligung von zumindest sechs Prozent des Nettoumsatzes".

Hochinteressant ist auch der letzte Satz in den zehnseitigen Informationsunterlagen zur Bewerbung: Die "Höhe des Bestandzinses und die des Investitionsvolumens werden bei der Evaluierung gemeinsam mit mehr als 50 Prozent gewichtet sein".

Das kann so ausgelegt werden, dass vor allem Großprojekte bei der Jury punkten werden. Ecker spricht von einem "Immobilien-Ballermann", den die Politik am Donaukanal planen würde. Der Central Garden, ein laut Eigenangaben nichtkommerzieller Ort für Events, hat unter diesen Rahmenbedingungen schlechte Karten.

Grüne und Bezirkschefs nicht eingebunden

Brisant ist aber, dass innerhalb der Stadt Wien nur wenige Stellen mit dem Thema befasst waren. So war die Ausschreibung nicht mit der für die Koordination von Donaukanalprojekten zuständigen MA 28 (Straßenbau) koordiniert. Die MA 28 ressortiert zu Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne). "Wir waren nicht eingebunden", bestätigte das Büro Vassilakou. Bei den Grünen heißt es hinter vorgehaltener Hand, dass die SPÖ dahinterstecke. Auch Markus Figl, ÖVP-Bezirksvorsteher im Ersten, war wie die Grüne Uschi Lichtenegger, Bezirkschefin der Leopoldstadt am anderen Kanalufer, nicht involviert.

Keine Ausschreibung bei City Beach

Hinterfragenswürdig ist eine weitere Entwicklung am Donaukanal: So hat der City Beach vis-à-vis dem Motto am Fluss einen neuen Betreiber. Der Vertrag mit Anton Tomasiewicz, der das Lokal elf Jahre bis Ende 2016 geführt hatte, wurde nicht verlängert. "Ich erhielt nur Einjahresverträge", sagt Tomasiewicz. Neo-Betreiber ist Philipp Pracser: Der Großgastronom soll einen 20-Jahres-Vertrag erhalten haben. Ausgeschrieben wurde die Fläche nicht. Pracser konnte nicht erreicht werden. Die Via Donau sagt dazu: "Aus Datenschutzgründen können leider keine Auskünfte über Vertragsbestandteile gegeben werden."

Pracser wollte bereits 2015 auf einer Donaukanalgrünfläche das ganzjährig betriebene Sky & Sand mit 800 Sitzplätzen errichten. SPÖ-Vertreter standen hinter dem Projekt, die Grünen nicht. 2016 sprach sich der Petitionsausschuss des Gemeinderats gegen die Verbauung aus. Ob Pracser ein neues Projekt mit dem City Beach plant, ist nicht bekannt. (David Krutzler, 29.11.2017)