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Multinational tätige Konzerne wie Facebook werden nur in jenen Staaten besteuert, in denen der Konzern mit Tochtergesellschaften ansässig ist oder Betriebsstätten unterhält.

Foto: Reuters / Benoit Tessier

Wien – In den laufenden Koalitionsverhandlungen haben sich ÖVP und FPÖ darauf geeinigt, Internetkonzerne in Österreich stärker zu besteuern. Dafür soll das Modell der digitalen Betriebsstätte umgesetzt werden.

Dies sah bereits auch der vor dem Sommer präsentierte Schelling-Plan zur Schließung internationaler Steuerfluchtrouten vor: Gewinne von Internetkonzernen sollen in Österreich steuerlich erfasst werden, auch wenn diese nur eine Online-Präsenz aufweisen.

Bisher besteht allerdings international der Konsens, dass Gewinne von multinational tätigen Konzernen nur in jenen Staaten besteuert werden, in denen der Konzern mit Tochtergesellschaften ansässig ist oder Betriebsstätten unterhält. Gemeinsam ist den unterschiedlichen völkerrechtlichen Verträgen, dass die Besteuerung der Gewinne von Unternehmen auf jene Staaten aufgeteilt wird, in denen das Unternehmen eine gewisse physische Präsenz hat.

Das Konzept der digitalen Betriebsstätte gibt es derzeit (noch) nicht. Würde Österreich dies im Alleingang einführen, wäre dies ein Bruch völkerrechtlicher Verpflichtungen. Das wäre nicht empfehlenswert. Nächstes Jahr wird die OECD der G20 einen Zwischenbericht über die Besteuerung der digitalen Wirtschaft vorlegen. Die EU-Kommission möchte diesen Bericht abwarten und gegebenenfalls EU-weite Lösungen forcieren, wenn auf internationaler Ebene keine ausreichenden Fortschritte erzielt werden.

Unklare Kriterien

Im Hinblick auf die digitale Betriebsstätte sind allerdings noch viele Fragen offen. So ist etwa unklar, ob sie für alle Unternehmen gelten sollte oder nur für bestimmte (größere?) Internetkonzerne, unter welchen Voraussetzungen eine digitale Betriebsstätte vorliegen sollte und wie die Besteuerung auf unterschiedliche Staaten aufgeteilt werden soll.

Als Kriterien für das Vorliegen könnten etwa das Überschreiten bestimmter Umsatzgrenzen, ein Onlineshop spezifisch für Kunden bestimmter Länder oder die Anzahl der Nutzer herangezogen werden. Für die Zurechnung von Gewinnen zu einer digitalen Betriebsstätte wären ebenfalls neue Regelungen notwendig.

Derzeit erfolgt die Aufteilung der Gewinne zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nach dem Fremdvergleichsgrundsatz: Es wird ermittelt, welche Gewinne die Betriebsstätte erzielen würde, wäre sie ein rechtlich selbstständiges, vom Stammhaus unabhängiges Unternehmen. Ausgangspunkt dafür sind allerdings die darin tätigen Personen. Für eine digitale Betriebsstätte ist Personal allerdings nicht notwendig.

Da nicht mit einer raschen Einführung der digitalen Betriebsstätte zu rechnen ist, schlägt die EU-Kommission den Mitgliedstaaten eine Reihe kurzfristiger Maßnahmen vor, um die digitale Wirtschaft stärker zur Kasse zu bitten: eine Umsatzausgleichsteuer für digitale Unternehmen, eine Quellensteuer auf digitale Umsätze sowie eine Abgabe auf Einnahmen aus digitalen Dienstleistungen oder auf Werbeeinnahmen.

Nein der Verfassungsrichter

Für Österreich würde sich insbesondere eine Besteuerung der Online-Werbeeinnahmen anbieten. Werbung in Printmedien, in Radio und Fernsehen sowie auf Flächen und in Räumen unterliegt einer Werbeabgabe von fünf Prozent; Werbung im Internet ist davon nicht erfasst.

23 Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen und Radiostationen fühlten sich gegenüber den Anbietern von Online-Werbung ungerecht behandelt und brachten Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof ein. Diese wurden allerdings vom VfGH am 12. Oktober abgelehnt. Obwohl die Werbeabgabe nur Offline-, nicht aber Online-Werbung erfasst, ist sie nicht verfassungswidrig, sondern im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.

Möchte der Gesetzgeber die Wettbewerbsbedingungen für die digitale jenen der konventionellen Wirtschaft anpassen, wäre die Ausweitung der Werbeabgabe auf Internetwerbung ein guter erster Schritt. Sie erfasst sowohl Werbeleistungen im Inland als auch jene, die vom Ausland aus verbreitet werden, aber zum Empfang im Inland bestimmt sind.

Da auch Werbeleistungen im Internet ganz gezielt auf bestimmte Zielgruppen eingegrenzt werden können, wäre die Abgrenzung, welche Online-Werbeleistungen der inländischen Besteuerung unterliegen sollen, nicht allzu schwierig. (Andreas Baumann, 4.12.2017)