"Mit primitiven Modellen kann man die Sozialpolitik kaputtmachen", sagt Noch-Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ).

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Wien – Alois Stöger (SPÖ) hat einen seiner letzten Auftritte als Sozialminister dazu genutzt, vor einer Spaltung der Gesellschaft zu warnen. Ohne die Koalitionsverhandler ÖVP und FPÖ direkt zu nennen, sagte er beim Pflegekongress am Donnerstag, "mit primitiven Modellen kann man die Sozialpolitik kaputt machen". Auch Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) kritisierte Vorhaben von Türkis-Blau.

"Eine freie Gesellschaft kann mit Spaltung nicht funktionieren", sagte Stöger bei seinem emotionalen Auftritt, der laut eigener Aussage womöglich der letzte als Minister gewesen sein könnte. Vor allem wehrte er sich gegen die Auffassung: "Wenn man dem einen etwas gibt, kriegt der andere nichts." Konkret meinte er etwa Debatten über die Kürzung der Mindestsicherung. Nicht nur im österreichischen Wahlkampf sei dies so gewesen, die Entwicklung erfasse bereits ganz Europa.

Pflegeregress nicht wieder einführen

Dementsprechend verteidigte Stöger auch Maßnahmen wie die Abschaffung des Pflegeregresses. Vorschläge zur Gegenfinanzierung durch eine Erbschaftssteuer habe der Koalitionspartner ÖVP leider nicht mitgetragen. Den Regress indirekt wieder einzuführen sei "ganz gefährlich", da man den Menschen das vertrauen in diesen Bereich wieder nehme. "Die Freiheit von Menschen ist nur dann gegeben, wenn alle Menschen gleich sind", so der Minister.

Überlegungen der ÖVP, den abgeschafften Pflegeregress durch die Hintertür wiedereinzuführen, stoßen auf Kritik ("ZiB 13"-Beitrag).
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Nicht ganz so angriffig gegenüber der wahrscheinlichen türkis-blauen Regierung war zuvor Rendi-Wagner. Die Gesundheitsministerin lobte ebenso die Berufsgruppe der Pflegerinnen und Pfleger, die im Gesundheitsbereich "wahrscheinlich am nächsten an den Menschen dran ist". Und auch sie verwies auf Maßnahmen ihrerseits, wie etwa die Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes. Nun gelte es, diese mit Leben zu erfüllen.

Rendi-Wagner: Pflege noch kein Thema

Mehr als 4.000 Teilnehmer waren zum mittlerweile 15. Pflegekongress, der diesmal im Wiener Austria Center stattfand, gekommen. Erich Fenninger, Geschäftsführer der Volkshilfe Österreich, wandte sich bei der Eröffnung ebenso einer neuen Regierung zu: Die verhandelnden Parteien müssten sich unbedingt des Themas annehmen und – wie bereits zuvor drei Mal geschehen – im Regierungsübereinkommen verankern. Bis jetzt sei Pflege leider noch kein Thema gewesen.

Andere bereits bekannt gewordene Pläne von ÖVP und FPÖ stießen am Rande des Kongresses auf Kritik der scheidenden Minister. So versteht Stöger etwa nicht, warum die von der SPÖ initiierte Aktion 20.000 mittlerweile wieder infrage gestellt wird. Es handle sich um "eine der spannendsten Arbeitsmarktmaßnahmen, die der Gesellschaft einen Nutzen gebracht haben". Zahlen des AMS hätten zudem die Notwendigkeit und den Erfolg bestätigt.

Auch die angedachte Zusammenlegung der Sozialversicherungen ist für Stöger und Rendi-Wagner ein unausgegorenes Vorhaben. Es gehe darum, erst einmal das Leistungsniveau anzupassen. Erst dann könne man über Strukturen reden. (APA, 30.11.2017)