Wien – Abseits öffentlichkeitswirksamer Causen wie Buwog / Terminal Tower und Hypo Alpe Adria führt die österreichische Justiz weitere Langzeitverfahren. Refco etwa: Der Bawag-Blitzkredit an das US-Brokerhaus von Oktober 2005 ließ später den Bawag-Skandal platzen – die Ermittlungen sind bis heute nicht abgeschlossen. Im Justizministerium wartet man auf einen Bericht des (mittlerweile: vierten) Staatsanwalts. Es wird damit gerechnet, dass die Causa eingestellt wird.

Zwei das Land Niederösterreich betreffende Untreueverdachtsfälle, die in der Finanzkrise 2008 ihren Anfang genommen hatten, sind das schon. Nun sieht es so aus, dass auch der dritte Handlungsstrang in der Causa Hypo Niederösterreich eingestellt wird. Der Vorhabensbericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA ist seit Monaten in den Instanzen unterwegs und war auch schon im Ministerium – er muss nun aber noch zum Weisungsrat. Wie wohlinformierte Juristen bestätigen, soll auch diese Causa eingestellt werden.

Abgestürzte Wertpapiere

Ermittelt wird laut WKStA gegen 17 Beschuldigte wegen des Verdachts der Untreue und der Verstöße gegen das Aktiengesetz; die Beschuldigten stammen allesamt aus Bankkreisen, und für sie gilt die Unschuldsvermutung. Der Vorhabensbericht sei noch nicht zurück in der WKStA, lautet die Erklärung ihres Sprechers. Begonnen hat die Causa Hypo NÖ (Strang "Augustus" und "Augustus-Restrukturierung") Ende 2007, als die Finanzmärkte ins Strudeln gerieten. Die Landesbank saß laut Justiz auf kaputten Wertpapieren, die über das irische Vehikel Augustus ausgelagert wurden. Dieses Special Purpose Vehicle (SPV) bekam von der Hypo einen Kredit von rund 800 Mio. Euro, damit es die Papiere aufkaufen konnte, der Aufsichtsratsbeschluss war im Dezember.

Vermutet wird, dass man Abwertungen der abgestürzten Wertpapiere vermeiden wollte, fanden doch 2008 Landtagswahlen in Niederösterreich statt. Das wurde damals von Erwin Pröll (ÖVP) regiert, Finanzlandesrat war Wolfgang Sobotka, heute Bundesinnenminister (ÖVP). Die nächsten Wahlen sind am 28. Jänner 2018.

Augustus-Umbau

Die Ermittlungen gegen 14 (ehemalige) Aufsichtsratsmitglieder der Bank, die diesen Augustus-Kredit beschlossen hatten, wurden schon 2013 eingestellt. Betroffen waren Politiker und Exbanker, alle Vorwürfe gegen sie wurden ausgeräumt, wie es damals hieß.

Der zweite offene Vorwurf dreht sich um die Restrukturierung des Augustus-Deals, die die Niederösterreicher im Mai 2010 vornahmen. Die beschuldigten Banker hätten dabei "ohne wirtschaftliche Notwendigkeit" auf die Rückzahlung von 10,5 Mio. Euro vezichtet, lautete der Vorwurf. Die Beschuldigten argumentieren sinngemäß, dass sie mit dem Rückzahlungsverzicht größeren Schaden abgewendet hätten. Sollte die Justiz das auch so sehen, wäre Untreue ausgeschlossen.

Die Causa Fibeg aus dem Niederösterreich-Komplex ist bereits seit 2014 eingestellt. Dabei war es um die Veranlagung der Erlöse aus dem Wohnbaudarlehensverkauf durch die landeseigene Fibeg gegangen. Einer der Beschuldigten war Sobotka, laut Staatsanwalt "war kein strafbares Verhalten bestimmter Personen nachweisbar".

Seit Sommer ist auch der Strang "Lessika" eingestellt. Die Landeshypo hatte Ende 2008 kaputte Lehman-Papiere an die liechtensteinische Lessika verkauft – der Verdacht der Bilanzfälschung hat sich nicht erhärtet. (gra, 1.12.2017)