Fliegen, Schweben, Fangenspielen: Flip Fabrique aus Kanada gastieren derzeit in Salzburg.

Foto: Erika Mayer

Salzburg – Seit 2001 wird Salzburg in der Vorweihnachtszeit zur Zirkusstadt. Initiiert hat das "Winterfest", so der Name des jährlichen Cirque-nouveau-Festivals, seinerzeit Georg Daxner, seit seinem Tod vor drei Jahren setzen Geschäftsführerin Susanne Tiefenbacher und die künstlerische Leiterin Caroline Stolpe den zirzensischen Aufführungsreigen fort.

Schon vor der Entwicklung des Neuen Zirkus (in den 1960er-Jahren in Frankreich) gab es Tendenzen, die Jahrmarktgauklerei neu zu bewerten: Künstler leiteten ab dem Ende des 19. Jahrhunderts mit einem Interesse für Primitiv-Archaisches die Rehabilitierung trivialer Kunst ein. Anfang des 20. Jahrhunderts galten den Futuristen Zirkus und Varieté als originärer Ausdruck des Lebendigen. Das Schaffen einer fantastischen Gegenwelt zum Alltag gehört zu den Aufgaben des Zirkus.

Genau dies gelingt der ersten Premiere beim diesjährigen Winterfest: Attrape-moi (also "Fang mich") heißt das Programm von Flip Fabrique, einer aus fünf Männern und einer Frau bestehenden Gruppe aus dem kanadischen Quebec. Thema der Aufführung ist das Treffen alter Freunde. Beim Cirque nouveau gibt es öfters "richtige" Erzählungen, Attrape-moi bietet aber eine reine akrobatische Nummernparade, in der das Leitmotiv, also Freundschaft und die Freude daran, nur sehr sinnbildlich erkennbar wird: etwa im absoluten Vertrauen auf das fängerische Können und präzise Timing des Mitspielers.

Alle sechs Artisten sind Akrobaten auf hohem Niveau – nicht nur weil es mitunter in luftige Höhen geht. Es gelingt ihnen, das Schwere und Anstrengende möglichst leicht aussehen zu lassen. Wenn sich etwa ein Artist die von der Decke hängenden Gurte um die Handgelenke wickelt und den Körper rotieren lässt, muss ein Kollege am Bühnenrand mit purer Muskelkraft mithelfen, um die Illusion des Fliegens zu erwecken.

Der Schwerkraft zu trotzen hat hohen Unterhaltungswert und sorgt zwischendurch auch für den einen oder anderen Lacher. Die Kunst liegt vor allem in der Körperbeherrschung. (Gerhard Dorfi, 2.12.2017)