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Die Lage war vor allem in der umkämpfen Hauptstadt Sanaa am Wochenende unübersichtlich.

Foto: REUTERS/Mohamed al-Sayaghi

Sanaa/Kairo – Mehr als zwei Jahre hat die saudisch geführte Koalition mit Bombardements versucht, Jemens Hauptstadt zurückzuerobern, die im September 2014 von den schiitischen Huthi-Rebellen und Anhängern von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh überrollt worden war. Jetzt fällt die ungleiche Allianz auseinander, nachdem schon in den vergangenen Monaten ein drohender Bruch immer wieder gekittet werden musste. Seit Mittwoch liefern sich Huthis und insbesondere Einheiten der Republikanischen Garde in Sanaa schwere Kämpfe, bei denen auf beiden Seiten bereits dutzende Tote gezählt werden. Sie erhöhen die Opferzahlen, die sich aus den Luftangriffen ergeben, die auch am Wochenende weitergingen.

Mit einem Dialogangebot an Riad und dem Aufruf an die Jemeniten, sich gegen die Huthis zu erheben, hatte Saleh am Samstag den Bruch endgültig vollzogen. Er schlage eine neue Seite auf, erklärte der 75-Jährige, der Jemen bis 2012 rund 30 Jahre regiert hatte. Man biete den Brüdern im Nachbarland einen Waffenstillstand an, die Grenzblockade solle aufgehoben, und im direkten Dialog mit der legitimen Regierung solle die Krise möglichst schnell beendet werden.

Während die Huthi-Rebellen Salehs Vorstoß als Verrat und einen Schlag gegen die Allianz bezeichneten und Abdelmalek al-Huthi Saleh aufrief, zur Vernunft zu kommen, wurde die Initiative in Saudi-Arabien positiv aufgenommen. In den Emiraten sprach der Außenminister von einem Aufstand in Sanaa, der das jemenitische Volk wieder aus dem iranischen Einfluss in den arabischen Kreis zurückbringe.

Saudische Luftangriffe

Die saudisch geführte Militärkoalition leistete gleich Unterstützung und flog mehrere Luftangriffe gegen Huthi-Stellungen in den Hügeln am südlichen Stadtrand über Hadda, wo in den vergangenen Tagen die heftigsten Gefechte getobt hatten. In diesem Stadtteil leben mehrere Angehörige der ausgedehnten Saleh-Familie. Auch die vom Iran unterstützten Huthis wollten Stärke demonstrieren und meldeten am Sonntag einen Raketenabschuss Richtung eines Atomkraftwerks, das in der Nähe von Abu Dhabi im Bau ist – was von den Emiraten aber umgehend dementiert wurde.

Äußerst besorgt zeigte sich der UN-Emissär für den Jemen, Ismail Ould Sheikh Ahmed. Er rief dazu auf, Zurückhaltung gegenüber Zivilisten zu üben. Tatsächlich ist die Lage komplex und unübersichtlich. Teile von Salehs ehemaliger Armee unterstützen immer noch die Huthis, und die zahlreichen Stammeseinheiten außerhalb von Sanaa haben ständig wechselnde Loyalitäten. Salehs Partei hat in einer Stellungnahme Armee und Sicherheitskräfte dazu aufgerufen, sich in diesem Konflikt neutral zu verhalten. Viele Beobachter gehen aber davon aus, dass die laufenden Gefechte, die im Streit um die große Moschee ausgebrochen sind, nur der Anfang eines bewaffneten Machtkampfes um Sanaa sind. Erst wenn die Hauptstadt gefallen ist, kann die international anerkannte Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi das Land wieder für sich reklamieren. Unklar ist, ob Saleh bereits vor dieser Ankündigung geheime Absprachen mit den Saudis getroffen hat.

Was im Jemen passiert sei, sei genug, begründete Saleh seinen Vorstoß. Das ist eine milde Umschreibung für das, was die UN als die derzeit schlimmste Krise weltweit bezeichnen. Mit der saudischen Blockade der Luft- und Seehäfen seit nunmehr drei Wochen, nachdem die Huthis eine Rakete auf den Flughafen von Riad abgefeuert hatten, hat sich die humanitäre Krise noch zugespitzt. 80 Prozent der 27 Millionen Jemeniten sind auf Hilfe zum Überleben angewiesen. Viele Kinder sterben an Unterernährung, eine Million Menschen haben sich mit Cholera angesteckt. Seit dem Ausbruch des Krieges 2015 gab es fast 9000 Tote.

UN-Generalsekretär fordert Ende der Angriffe

Angesichts der Eskalation der Gewalt hat UN-Generalsekretär Antonio Guterres ein Ende aller Luft- und Bodenangriffe gefordert. Die schweren Kämpfe verhinderten die Versorgung von Verletzten und Kranken, teilte Guterres am Sonntagabend in New York über seinen Sprecher mit.

Außerdem fesselten sie die Bevölkerung ohne Lebensmittel und Treibstoff an ihr Zuhause. Ohne die Wiederaufnahme lebenswichtiger Importe drohe Millionen Menschen im Jemen Hunger, Krankheit und Tod, warnte Guterres. (APA, Astrid Frefel, 3.12.2017)