Gerstorfer reagierte auf die Ankündigung gelassen. "Wenn jetzt noch jemand kommen soll, soll es mir auch recht sein."

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Der oberösterreichische Landeshauptmann will sicherstellen, dass das vorgesehene Geld bei den Betroffenen ankommt.

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Linz – Der Streit über das oberösterreichische Sozialbudget hat am Montag einen neuen Höhepunkt erreicht: Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) kündigte in einem Hintergrundgespräch an, er werde Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) einen Sonderbeauftragten zur Seite stellen, der ihm gegenüber berichtspflichtig ist. Im Fall eines großen Förderbetrugs ging das Pingpongspiel, wer wann etwas gewusst hat, munter weiter.

Widera soll Stelzer zufolge als "Controller und Mitgestalter" fungieren.
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Als Sonderbeauftragten will Stelzer den ehemaligen Geschäftsführer der Landesholding Dieter Widera einsetzen. Er soll die Zahlen zum Mitteleinsatz im Bereich des Chancengleichheitsgesetzes (CHG) und für das Projekt "Sozialressort 2021+" außer Streit stellen. Auf die Frage, ob Gerstorfer nun unter Kuratel stehe, meinte er: "Es handelt sich um eine Maßnahme im beamteten Bereich, nicht im politischen." Wie lange Widera tätig sein werde, ließ er offen, es sei aber "keine Maßnahme für die Ewigkeit".

Gerstorfer kritisierte Kürzungen

Hintergrund ist das erste Budget Stelzers, das diese Woche im Landtag beschlossen werden soll: Gerstorfer kritisiert, dass Stelzer den mit seinem Vorgänger Josef Pühringer vereinbarten mittelfristigen Budgetpfad verlasse – statt jährlich fünf Prozent plus gebe es von einer gekürzten Basis ausgehend nur mehr drei Prozent pro Jahr zusätzlich. Dadurch würden im Bereich des Chancengleichheitsgesetzes Qualitätseinbußen beim Angebot für Behinderte und Kündigungen drohen. Stelzer kontert, dass dafür die Schulden des Sozialressorts bezahlt würden und dass die Mittel sogar um knapp sieben Prozent steigen würden.

Widera solle sicherstellen, dass das vorgesehene Geld bei den Betroffenen ankommt und "Klarheit und Ruhe bringen", sagt Stelzer. Überlegungen, Ressortkompetenzen zu ändern, gebe es aber nicht. Sein Koalitionspartner, Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ), hatte zuletzt verlangt, Gerstorfer solle die Agenden für die Familienförderung an ihn abgeben, weil sie dort Zuschüsse gekürzt habe.

Gerstorfer reagiert gelassen

Gerstorfer reagierte auf die Ankündigung gelassen. "Wenn jetzt noch jemand kommen soll, soll es mir auch recht sein." Sie stehe dieser Maßnahme offen gegenüber.

Es gebe aus ihrer Sicht wohl "kein transparenteres Ressort" als das Sozialressort. "Nach den Experten aus dem Projekt Sozialressort 2021+, der Evaluierung der Wirtschafts-Uni Wien und nach zahlreichen Gesprächen mit der Finanzdirektion liegen alle Zahlen und Fakten am Tisch", meinte sie. Bereits am Dienstag wolle sie ein erstes Gespräch mit dem Sonderbeauftragten Dieter Widera führen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Förderbetrug bekanntgeworden

Neben dem Streit ums Geld ist vor wenigen Tagen noch eine weitere Front dazugekommen: Ende der Vorwoche war ein Fall von Förderbetrug durch Mitarbeiter eines Sozialvereins bekanntgeworden. In der Causa sollen zwei Mitarbeiter – "auch mit Beeinträchtigung", wie Gerstorfer anmerkte – eines für persönliche Assistenz zuständigen Sozialvereins das Land Oberösterreich sowie 20 Personen um mindestens 1,5 Millionen Euro geprellt haben. "Das Motiv ist Spielsucht", so die Landesrätin.

Gerstofer hat am Montag erneut zurückgewiesen, dass sie den Fall in der Landesregierung nicht kommuniziert habe. "Das stimmt nicht, dafür gibt es viele Belege." Beginnend mit 18. September 2017 seien Schritte gesetzt worden. Am 3. Oktober sei die Finanzabteilung des Landes in Kenntnis gesetzt worden. Diese habe die Information offenbar nicht an Stelzer weitergegeben. Den Landeshauptmann selbst habe sie nicht informiert, dies sei aber auch "nicht der übliche Weg".

Stelzer nicht informiert

Die oberösterreichische Finanzdirektorin Christiane Frauscher räumte am Montag ein, dass ein Mitarbeiter von ihr über den Weg des Justiziariats eingebunden gewesen sei, um in der Causa einen Rechtsanwalt für das Land zu stellen. Damals sei der Schaden auf rund 160.000 Euro geschätzt worden. Stelzer betonte allerdings am Montag, er selbst habe erst in der Vorwoche durch die Polizei von der Sache erfahren – und er habe es "bemerkenswert gefunden", nicht früher informiert worden zu sein. Er habe mittlerweile die Innenrevision mit eine Prüfung beauftragt. (APA, 4.12.2017)