Le Morne Brabant im Südwesten von Mauritius wurde 1835 Schauplatz einer Tragödie. Auch aus diesem Grund setzte die Unesco den Berg auf die Weltkulturerbe-Liste.

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Reizvoll ist auch der bereits 1735 gegründete Botanische Garten in Pamplemousses, der damit der älteste der Südhalbkugel ist.

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Lange war das Schicksal der Insel, die früher einmal größter Zuckerrohrproduzent der Welt war, untrennbar mit dem Zucker verbunden.

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Die Île aux Cerfs, also "Hirschinsel", im Osten von Mauritius mit weißem Sand und türkisblau schimmerndem Wasser übertirfft die "normalparadiesischen" Strände von Mauritius noch einmal an Schönheit.

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Ab hier nur für geübte Bergsteiger, warnt das Schild auf Englisch und Kreolisch. Bis jetzt war die Besteigung des Le Morne Brabant ein Spaziergang unter etwas verschärften klimatischen Bedingungen. Denn obwohl die kleine Gruppe unter der Leitung von Bergführer Matthieu in der "kühlen" Jahreszeit unterwegs ist und bereits um acht Uhr früh aufbrach, herrschen inzwischen längst Temperaturen um die 25 Grad Celsius bei gefühlten 90 Prozent Luftfeuchtigkeit.

Der Morne Brabant ist ein gut 500 Meter hoher Felsen auf der gleichnamigen Halbinsel ganz im Südwesten von Mauritius. Aufgrund seiner exponierten Lage und der Höhe wirkt der markanteste Berg des Eilands von der Ferne fast wie ein Leuchtturm. Auch wegen dieser einzigartigen Lage nahm die Unesco Le Morne Brabant 2008 als Kulturlandschaft in die Liste des Weltkulturerbes auf.

Spektakuläre Aussichten

Nach etwa 200 Höhenmetern durch dichte Tropenvegetation beginnt der etwas anspruchsvollere Teil der kleinen Expedition, für die ein begleitender Führer Voraussetzung ist. Denn ohne Schlüssel gibt es keinen Zugang zu dem großräumig eingezäunten Berg. Während der Fels vor der bunt zusammengewürfelten Gruppe immer steiler wird und den Einsatz der Hände verlangt, werden beim Umdrehen die Ausblicke auf die in verschiedenen Blautönen schimmernden Lagunen und Korallenriffe immer atemberaubender.

Nach einer letzten kleinen Kraxelei in der prallen Sonne ist dann der Vorgipfel erreicht: ein spektakulärer Aussichtspunkt, der nach drei Seiten fast senkrecht abfällt und ein einzigartiges Panorama bietet. Für Touristen ist hier Schluss: Die weitere Kletterei wäre erstens zu schwierig, und zweitens steht der Rest des Bergstocks unter Naturschutz, wie Matthieu erklärt: Auf dem Morne Brabant wachsen nämlich einige Pflanzenarten, die nur hier vorkommen – wie zum Beispiel Trochetia boutoniana, die Nationalpflanze von Mauritius. Ohne seine beeindruckenden Blüten mit dem scharlachroten Nektar schaut das vom Aussterben bedrohte Malvengewächs freilich recht unscheinbar aus.

Sprünge in den Tod

Dass Le Morne Brabant Unesco-Weltkulturerbe ist, hat aber auch mit einer dramatischen historischen Begebenheit zu tun: Der schwer zugängliche Berg diente Anfang des 19. Jahrhunderts zahlreichen Sklaven jahrelang als Versteck, weiß Matthieu, der gebürtiger Mauritier mit französischen Vorfahren ist. "Als die englischen Kolonialherren 1835 die Sklaverei abschafften und ein Polizeitrupp die Geflohenen darüber informieren wollte, dass sie frei sind, kam es zu einem tragischen Missverständnis, und die befreiten Sklaven stürzten sich in den Tod."

Bestanden damals rund 80 Prozent der Bevölkerung von Mauritius aus Menschen vom afrikanischen Festland und Madagaskar, die versklavt worden waren, so stellen ihre kreolischen Nachfahren heute knapp 30 Prozent der mittlerweile 1,2 Millionen Einwohner. Die Mehrheit der Mauritier sind Nachfahren von Zuwanderern vom indischen Subkontinent. Minderheiten stellen die Mauritier chinesischer und französischer Herkunft.

Infos im Zuckermuseum

Trotz dieses Schmelztiegels verschiedener Kulturen und Religionen funktioniert das Zusammenleben erstaunlich gut. Der Grund dürfte nicht zuletzt darin liegen, dass so gut wie alle Mauritier erst vor ein paar Generationen auf die Insel gekommen und mithin alle "Zugereiste" sind.

Über die bewegte Geschichte der Insel, die mit rund 2.000 Quadratkilometern kleiner als Vorarlberg ist, informiert auch das Zuckermuseum "L'Aventure du Sucre" im Provinzstädtchen Pamplemousses im Landesinneren. Denn lange war das Schicksal der Insel, die früher einmal größter Zuckerrohrproduzent der Welt war, untrennbar mit dem Zucker verbunden.

Subtropische Pflanzenpracht

Noch reizvoller ist in Pamplemousses der bereits 1735 gegründete Botanische Garten, der damit der älteste der Südhalbkugel ist. Was für die Bewohner von Mauritius gilt, trifft auch auf die Pflanzen dieser Anlage zu: Die wenigsten waren auf der Insel heimisch. Doch im subtropischen Klima wuchert alles prächtig – so auch der Riesenseerosenteppich im Teich des Parks, dessen subtropische Pflanzenpracht, die zum Gutteil noch aus der Kolonialzeit stammt, staunen lässt.

Jüngeren Datums ist der Tier- und Abenteuerpark Casela ebenfalls im Inneren der Insel, der ursprünglich als Vogelpark für rund 150 verschiedene Vogelarten begann, heute aber mit vielen der großen Säugetiere des afrikanischen Festlands bestückt ist. Und wer auch im Urlaub ein wenig Nervenkitzel braucht, kann auf dem Areal von Casela eine 60 Meter tiefe Schlucht zuerst auf einer nepalesischen Hängebrücke und anschließend mittels Seilrutsche überqueren.

Mit oder ohne Action

Gelegenheiten für Aktivitäten am Meer bietet die fast durchgängig von Korallenriffen eingefasste Insel naturgemäß zuhauf: Wer auch hier die Adrenalinvariante bevorzugt, kann sich an der Westküste in Black River ein Sea Kart mieten, mit dem sich die Lagune auf besonders rasante Art durchqueren lässt. Deutlich entspannender ist ein Tagesausflug mit dem Katamaran zur kleinen Île aux Cerfs, also der "Hirschinsel", die im Osten von Mauritius mit weißem Sand und türkisblau schimmerndem Wasser die "normalparadiesischen" Strände von Mauritius noch einmal an Schönheit übertrifft.

Wer sich freilich auch an der Küste von Mauritius mit eigener Muskelkraft durch das Wasser bewegen will, tut das am besten bei einer geführten Kajaktour zur Île d'Ambre. Dieses kleine Eiland liegt in einem Naturschutzgebiet ganz im Nordosten von Mauritius – im Vergleich zum Ausgangspunkt Le Morne Brabant also genau am anderen Ende. Statt prächtiger Aussichten gibt es hier in der Lagune dank "Vorpaddler" und Naturführer Xavier unmittelbare Einsichten in das faszinierende Ökosystem des Mangrovenwaldes. Und auch wenn das Landesinnere von Mauritius noch so viel zu bieten hat: Die ganz großen Erlebnisse der Insel liefert nun einmal das Meer. (Klaus Taschwer, RONDO, 10.12.2017)