"Österreich" und die Wiener Linien streiten um die Entnahmeboxen und die Reinigungskosten, die nach der Entsorgung des Gratisblatts entstehen.

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Wien – Die Auseinandersetzung zwischen den Wiener Linien und der Mediengruppe Österreich ist um eine Klage reicher. Der stadteigene Betreiber von Wiens öffentlichen Verkehrsmitteln klagt Reinigungskosten in der Höhe von 241.697 Euro ein, berichtet der "Kurier" am Dienstag. "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner sagt auf STANDARD-Anfrage: "Wir bezahlen unsere Reinigungsgebühr."

Der Betrag für die Wiener Linien setze sich aus den Entsorgungskosten für die letzten drei Jahre samt Zinsen zusammen. Im Gegensatz zum Mitbewerber, dem Gratisblatt "Heute", zahlt "Österreich" laut dem "Kurier"-Bericht keine Reinigungskosten für die kostenlos an U-Bahn-Stationen verteilte Zeitung. Nach einem ersten Verhandlungstag Ende September hat das Handelsgericht Wien laut "Kurier" den Zivilprozess vertagt, um weitere Schriftsätze einzufordern.

Zwischen der Mediengruppe Österreich und den Wiener Linien schwelt seit Jahren ein Streit. "Österreich" wirft den Verkehrsbetrieben Marktmissbrauch vor, weil es in Wiener U-Bahn-Stationen im Gegensatz zu Konkurrent "Heute" keine Entnahmeboxen aufstellen darf – DER STANDARD berichtete. Ein Wettbewerbsverfahren gegen die Linien ging schon bis zum Obersten Gerichtshof und liegt nun wieder beim Kartellgericht. Dort grübeln deutsche Gutachter etwa, ob die Wiener Linien marktbeherrschend sind.

Update: Stellungnahme von Wolfgang Fellner

Die Behauptung, dass "Österreich" für seine Zeitungen keine Reinigungsgebühr bezahle, sei "definitiv unrichtig", sagt "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner auf STANDARD-Anfrage: "Wir bezahlen unsere Reinigungsgebühr – völlig legal – für jene Boxen, bei denen ein aufrechtes Mietverhältnis mit den Wiener Linien besteht an die Wiener Linien, dort wo sich die Boxen auf dem Grund der Stadt Wien befinden und der Vertrag mit der Stadt Wien/MA 28 abgeschlossen ist, bezahlen wir die Reinigungsgebühr im Rahmen der Boxen-Miete – logischerweise – an die Stadt Wien."

Der Klagswunsch der Wiener Linien, gleich viel Reinigungsgebühr wie "Heute" zu bezahlen sei "absurd", so Fellner: "Im Gegensatz zu 'Heute' haben wir ja keine Boxen innerhalb der Stationen – damit auch kein Vertragsverhältnis mit den Wiener Linien." "Österreich" würde die Reinigungsgebühr ansonsten "doppelt zahlen". Fellner: "Sobald wir die gleiche Aufstellsituation wie 'Heute' haben – also über 200 Boxen innerhalb der U-Bahn-Stationen – würden wir selbstverständlich auch die gleichen Reinigungskosten wie 'Heute' an die Wiener Linien – dann aber natürlich nur mehr an die Wiener Linien – bezahlen."

Gespräche über Vergleich

Die Wiener Linien hätten "Österreich" im Rahmen von Vorgesprächen für einen Vergleich "etwa gleich viele Boxen wie 'Heute' auf Wiener Linien-eigenen Standplätzen vor den Stationen angeboten", so Fellner: "Sobald dieser Vergleich abgeschlossen wird und dafür ein Vertragsverhältnis vorliegt, werden wir für diese Boxen selbstverständlich auch die im Vertrag vorgesehenen Reinigungskosten an die Wiener Linien bezahlen."

Die Wiener Linien wollten mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht Stellung nehmen.

Ein Vergleich würde den Marathon vor dem Kartellgericht beenden. Er würde auch aufgelaufene Prozesskosten in Millionenhöhe, ein Vielfaches der eingeklagten Reinigungskosten, ersparen. Vorerst hat "Österreich" aber wieder einmal beantragt, die befasste Kartellrichterin abzulösen. (red, fid, 5.12.2017)