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Europaweit wird er nicht mehr gesucht, in Spanien aber schon. Mit einer Rückkehr von Carles Puigdemont, mit dessen Antlitz seine Partei weiterhin wirbt, wird daher so schnell nicht gerechnet.

Foto: Reuters / Sergio Perez

Spaniens Oberstes Gericht hat die europäischen Haftbefehle gegen den katalanischen Ex-Regierungschef Carles Puigdemont und vier seiner Minister zurückgezogen. Sie hatten sich nach ihrer Amtsenthebung nach Belgien abgesetzt und waren einer richterlichen Vorladung am 3. November nicht gefolgt. Die nationalen Haftbefehle bleiben aber bestehen: Sobald die Betroffenen spanisches Gebiet betreten, werden sie verhaftet und dem Tribunal Supremo vorgeführt.

Puigdemont und seine Regierung werden der Rebellion, des Aufstands und der Veruntreuung öffentlicher Gelder beschuldigt. Insgesamt stehen darauf bis zu 55 Jahre Haft. Puigdemont und Co hatten trotz Verbots am 1. Oktober eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit abgehalten. Am 27. Oktober rief das katalanische Parlament dann die Unabhängigkeit aus. Beides erachtet Madrid für ungültig.

Sorge über Entscheidung Belgiens

Richter Pablo Llarena begründete die Entscheidung damit, dass die fünf bei der katalanischen Regionalwahl am 21. Dezember kandidieren und bekundet hätten, ihren Parlamentssitz annehmen zu wollen. Doch damit nicht genug: Llarena, der am Montag gegen vier weitere Angeklagte – darunter Puigdemonts Vizeregierungschef Oriol Junqueras – die U-Haft aufrechterhielt, befürchtet, dass Belgien dem Haftbefehl nur teilweise stattgeben würde.

Die belgische Justiz wollte am 14. Dezember über eine Auslieferung entscheiden. Fraglich war vor allem, ob die Belgier Straftatbestände wie Rebellion und Aufstand anerkennen würden. Elf weitere Angeklagte befinden sich in Spanien gegen Kaution auf freiem Fuß – allesamt Minister Puigdemonts oder Mitglieder des Präsidiums des katalanischen Parlaments.

Keine geteilten Anklagen

Eine Auslieferung, die nur einen Teil der Straftaten anerkennen würde, wegen denen Llarena ermittelt, hätte Folgen für den gesamten Prozess gehabt. Denn die Anklage geht davon aus, dass Regierung, Parlament und die Bürgerbewegungen Katalanische Nationalversammlung und Òmnium (deren Anführer weiterhin in U-Haft sitzen) gemeinsam den Plan zur Unabhängigkeit verfolgt haben. Llarena bekundet, er wolle Ungleichbehandlung zwischen denen, die sich dem Richter gestellt, und denen, die sich ins Ausland abgesetzt haben, vermeiden.

"Spanien hatte Angst vor der möglichen Entscheidung der belgischen Justiz", sagte der Anwalt Gonzalo Boye, der das Verteidigerteam der fünf Politiker in Brüssel zusammengestellt hatte. "Er gesteht damit ein, dass das Verfahren alles andere als seriös ist." (Reiner Wandler aus Madrid, 5.12.2017)