Jetzt kommt zwar erst Weihnachten, aber wir, wir freuen uns schon auf den Sommer. Für Juni nämlich sind wir zu einem Lehrgang eingeladen, der nicht schaden kann: zum Östrogen-Seminar. Nicht um Medizinisches geht es da, sondern um Rhetorisches. "Östrogen – die Rhetorik ist weiblich" heißt der Kursus, in dem man uns lehren wird, "nicht nur Männer zu verstehen, sondern auch mit mutmaßlich weiblichen Gegenspielerinnen umzugehen".

Stimmt, unsere mutmaßlich männlichen Gegenspieler haben wir dank jüngsten Testosteron-Rhetorikseminars schon im Griff. Jetzt geht's ans "verbale Lady-Match", weil "Stutenbissigkeit kein bloßes Klischee ist" und "interfeminine Konflikte unter der Oberfläche zehnmal härter ablaufen als manche Duelle unter Männern", wie die Veranstalterin weiß.

Die empfohlenen Vorübungen haben wir absolviert. Schachtelsätze vermeiden wir. Konjunktive auch. Wir pflegen den "Wohlklang unserer Stimme", fiepsen nicht und schreien nicht. Wir "sparen an Worten, nicht aber an Sympathie-fördernden Gesten".

Gut, die kann jetzt keiner sehen, aber am Ergebnis wird es die Welt merken. Die wird zwar "noch vom Testosteron regiert", aber nimmer lang. Bald werden Frauen nicht mehr nur "im Kleinen entscheiden: Wann wird geheiratet? Wann kommen Kinder ins Haus?" Nein, bald übernehmen wir die "verbale Themenführerschaft". Und sei es nur, "weil wir länger leben". (Renate Graber, 5.12.2017)