"Die Ausbildung zur Pflegehilfe – heute Pflegeassistentin – habe ich auf dem zweiten Bildungsweg absolviert. Begonnen habe ich die Ausbildung erst mit 25 Jahren, nachdem ich darüber nachgedacht habe, was mich schon mein ganzes Leben begleitet und erfüllt hat: Anderen Menschen zu helfen.

Nach meinen Abschlussprüfungen im Juni 2016 begann ich mich gleich im Bereich Pflege alter Menschen zu bewerben. Nach wenigen Tagen hatte ich vier mögliche Jobs und entschied mich für eine 30- Stunden-Stelle bei einem Betreuungsunternehmen, das betreutes Wohnen in ganz Wien – sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich – anbietet.

Einkommen

Ich verdiene netto rund 1.440 Euro. Darin enthalten ist die sogenannte Geriatrie- und eine Erschwerniszulage. Seit ich hier arbeite habe ich eine Gehaltserhöhung bekommen – 1,2 Prozent meines Bruttoeinkommens. Nach Abzug sind das nicht einmal elf Euro monatlich. Was meine dienstälteren Kollegen verdienen, weiß ich nicht genau, es ist aber kein großer Sprung möglich.

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Dass für persönliche Gespräche mit den Bewohnern wegen Personal- und Geldmangel oft keine Zeit ist, belastet die 28-Jährige.
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Mein Arbeitsalltag ist sehr umfangreich: Morgens um halb sieben beginne ich damit, bis zu 40 älteren Menschen ihre Nüchternmedikamente zu geben. Hier ist es wichtig, flott zu sein, weil ich danach rechtzeitig die Ambulanz aufsperren muss. Dort bekommen Bewohner Morgenmedikamente, Kompressionsstrümpfe, lokale Therapien, Vitalwertmessungen und Verbände. Bis um neun sind bis zu 70 Menschen zu versorgen. Danach geht es wieder zurück zu jenen Bewohnern, die nicht mehr in der Lage sind, sich alleine zu waschen, zu kleiden oder ihr Frühstück zu sich zu nehmen. Ansonsten sind noch Arzttermine zu organisieren, Medikamente zu bestellen und gegen Abend stehen wieder die Runden an.

Unsere Runden sind sehr straff, Zeit für so persönliche Gespräche gibt es leider wenig bis gar nicht. Eine bestimmte Bewohnerin fragt mich Abends oft, ob ich noch kurz bleiben kann. Ich nehme ihre Hände in meine und sie erzählt mir immer wieder die selbe Geschichte über eine Geldbörse, die sie nicht finden kann. Ich höre ihr zu und biete ihr an, gemeinsam danach zu suchen. Ich weiß, wir finden sie nicht, es muss Jahrzehnte her sein, dass sie sie verloren hat. Sie küsst dann meine Hände und lehnt dankend ab. Sie meint, ich habe keine Zeit und sie will mich nicht aufhalten. Ich gehe dann mit einem Kloß im Hals raus. Die Menschlichkeit kommt durch Personal-, Geld- und Zeitmangel viel zu kurz.

Arbeitsalltag und Arbeitszeit

Ich arbeite acht bis zehn Stunden am Tag, manchmal mit weniger als 30 Minuten Pause – das Leben kennt ja auch keine. Feiertage und Sonntage werden im Team möglichst gerecht aufgeteilt, die Zulagen dafür sind begehrt. Auch ich habe im ersten halben Jahr gut und gerne 20 bis 40 Überstunden im Monat gemacht und hatte etwa 300 Euro netto mehr am Monatsende. Wegen Einsparungen ist das leider nicht mehr möglich.

Und so sehen die Einnahmen und Ausgaben auf einen Blick aus.
DER STANDARD

Ich bin in einer Welt aufgewachsen, in der zunächst jeder Groschen, später dann jeder Cent umgedreht wurde. Mit 15 habe ich begonnen neben der Schule zu arbeiten. Einen Teil dieses Gehalts habe ich dann in das Familienbudget einbezahlt. Es ist mir deswegen nicht fremd, genau auf mein Einkommen zu achten und mir alles hart zu erarbeiten. Mit diesem Gehalt lebe ich momentan am Limit. Ich erwarte gerade mein erstes Kind als Alleinerzieherin, das wird eine Herausforderung.

Monatliche Fixkosten

Für meine Mietwohnung und den Umzug, sowie die Erstausstattung für das Baby habe ich einen Kredit aufgenommen. Monatlich zahle ich dafür 128 Euro. Meine Miete liegt bei 600 Euro. 92 Euro zahle ich für Strom und Wasser. Dazu kommen noch 20 Euro für mein Handy und 30 Euro für Internet und Fernsehen – letzteres wollte mein Vater gerne für mich übernehmen. Meine Fixkosten belaufen sich im Monat also auf etwa 840 Euro.

Das Futter für meinen kleinen Hund kommt monatlich auf 40 Euro. Ich esse hauptsächlich Obst und Gemüse. Für Lebensmittel gebe ich im Monat etwa 300 Euro aus – in der Schwangerschaft ist es allerdings mehr geworden.

Freizeit und Vorsorge

Ich nütze die Öffis oder gehe zu Fuß – für die Jahreskarte zahle ich pro Monat 32 Euro. Vor kurzem gab es eine Preiserhöhung. Das ärgert mich, auch wenn ich verstehe, dass es bei dem stetigen Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes wohl nötig ist. In meiner Freizeit lese ich sehr viel und gehe auch gerne Schwimmen. Monatlich gebe ich dafür gut 50 Euro auf.

Mit dem Baby auf dem Weg und einem Hund komme ich um eine Haushaltsversicherung nicht herum. Dank eines sehr zuvorkommenden Versicherungsmaklers sind das nicht einmal 14 Euro im Monat. Für die Pensionsvorsorge lege ich 50 Euro zur Seite. Alles, was dann noch übrig bleibt, nütze ich für Dinge wie Kinobesuche, Geschenke und für mein Sparkonto.

Helfer in der Not

Was auch noch sehr wichtig ist: Auf meine Freunde kann ich immer zählen: Sie haben mir für das Baby schon sehr viel Kleidung geschenkt und als es jetzt kälter wurde und ich dringend eine dicke Jacke und warme Umstandsmode brauchte, haben Kollegen 300 Euro für mich zusammengelegt. In dem Moment haben mir die Worte gefehlt." (Lara Hagen 11.12.2017)