Mohammed Hussein Audi sieht die geplante Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem als "Verbrechen am palästinensischen Volk".

Foto: Noura Maan

Die beiden Palästinenserinnen Hiyam Bizri (links) und Aya Saad (rechts) sind ebenso in Sorge, eine große Reaktion im Libanon erwarten sie nicht.

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Im Libanon, wo hunderttausende Palästinenser leben, sorgte die amerikanische Ankündigung, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, für Wut und Demonstrationen. In den palästinensischen Flüchtlingslagern Burj al-Barajneh und Ein al-Hilweh gingen am Mittwoch und Donnerstag hunderte Menschen aus Protest gegen die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump auf die Straße.

Auch in anderen Teilen des Landes war die Frustration groß: "Das ist ein Verbrechen gegen das palästinensische Volk", sagt Mohammed Hussein Audi, der im palästinensischen Flüchtlingslager Nahr al-Bared im Norden des Libanon lebt. Die Verlegung der Botschaft sei ein deutliches Zeichen gegen den "Traum der Palästinenser, in ihre Heimat zurückzukehren".

Die Palästinenserinnen Hiyam Bizri und Aya Saad, die in der nordlibanesischen Stadt Beddawi leben, erwarten sich demnächst noch mehr Proteste. Alleine würde sie nicht demonstrieren, mit einer Gruppe aber schon, sagt die 26-jährige Hiyam dazu. Generell sieht sie aber mehr Wirksamkeit in Aktionen, die innerhalb der Palästinensergebiete stattfinden. "Aber was wir zumindest tun können, ist, mit Demonstrationen den Menschen vor Ort Unterstützung zu zeigen", sagt ihre Freundin Aya. Von den Libanesen und von Syrern im Land erwarten sie allerdings keinen großen Aufschrei.

"Zum Schaden der Palästinenser"

Die libanesische Regierung fand am Mittwoch allerdings deutliche Worte: "Der Libanon lehnt die Entscheidung ab und verurteilt sie", twitterte Premier Saad al-Hariri und erklärte seine "Solidarität mit dem palästinensischen Volk und ihrem Recht, einen unabhängigen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt zu etablieren".

Bereits zuvor hatte ein Regierungssprecher von einer "neuen Balfour-Deklaration" gesprochen, die den Weg für einen "neuen Deal zum Schaden der Palästinenser" ebne. Mit der Balfour-Erklärung hatte der britische Außenminister Arthur Balfour im Ersten Weltkrieg den Zionisten zugesichert, ihr Vorhaben zur Schaffung einer Heimstätte für die Juden in Palästina zu unterstützen – und damit den Weg für den unabhängigen Staat Israel geebnet.

Friedensprozess "um Jahrzehnte zurückgeworfen"

Der libanesische Präsident Michel Aoun sagte, Trumps Entscheidung bedrohe "die Glaubwürdigkeit der USA als Unterstützer des Friedensprozesses", der damit "um Jahrzehnte zurückgeworfen" werde. Aoun warnte vor Auswirkungen, die "die Stabilität der Region, aber auch der ganzen Welt" bedrohen würden.

Insgesamt leben im Libanon UN-Schätzungen zufolge rund 300.000 palästinensische Flüchtlinge, 10.000 davon im Camp Nahr al-Bared, das sich derzeit im Wiederaufbau befindet. Im Libanon sind ihre Rechte stark eingeschränkt, sie werden als Ausländer betrachtet, können keinen Antrag auf die libanesische Staatsbürgerschaft stellen und haben nur begrenzten Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Gesundheitsversorgung und Wohnraum. (Noura Maan aus Nahr al-Bared und Beddawi, 6.12.2017)