Brüssel/Tokio – Während die Freihandelspläne mit den USA auf Eis liegen, hat die EU ein Abkommen mit Japan abgeschlossen. Der Deal ist für die Union und das Fernostland eine der größten und umfassendsten Vereinbarungen ihrer Art. Jefta sei nicht nur wirtschaftlich, sondern auch strategisch bedeutend, schrieben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe in einer gemeinsamen Stellungnahme am Freitag.

In Anspielung auf die Politik von US-Präsident Donald Trump hieß es, das Abkommen zeige der ganzen Welt, dass sich die EU und Japan der "Versuchung des Protektionismus" widersetzten. Der seit 2013 vorbereitete Freihandelspakt zwischen den beiden mächtigen Wirtschaftsräumen soll Zölle und andere Handelshemmnisse abbauen, um Wachstum und neue Jobs zu schaffen.

600 Millionen Konsumenten

Japan ist nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und damit ein äußerst interessanter Absatzmarkt für europäische Unternehmen. Zusammen zählen die EU und Japan mehr als 600 Millionen Einwohner. An der Wirtschaftskraft gemessen könnte durch das Abkommen die größte Freihandelszone der Welt entstehen. Beide Partner zusammen sind derzeit für knapp 30 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung verantwortlich.

Schwierig waren die Verhandlungen vor allem in Bereichen wie der Fahrzeugindustrie und der Landwirtschaft. Deswegen mussten etliche Kompromisse gefunden werden. So hat Japan beispielsweise akzeptiert, dass der europäische Zoll auf japanische Autos von derzeit zehn Prozent erst sieben Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens komplett abgebaut sein wird. Tokio handelte im Gegenzug Schutzklauseln für Bauern aus.

Ganz ausgeklammert wurde letztendlich der Streit um Regelungen zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Staaten. Dieser war entstanden, nachdem die EU angekündigt hatte, dass die früher üblichen, aber als intransparent kritisierten Schiedsgerichtsverfahren nicht mehr akzeptiert werden sollen. Wenn, dann soll es einen neuen Investitionsgerichtshof mit öffentlich bestellten Richtern und einer Berufungsinstanz geben.

125 Milliarden Euro Handelsvolumen

Ursprünglich wollte Japan mit den USA und zehn weiteren Ländern die transpazifische Freihandelszone TPP gründen. US-Präsident Trump verwarf TPP allerdings kurz nach seinem Amtsantritt im Jänner. Daraufhin gab die EU bei den Verhandlungen Gas.

Das Handelsvolumen zwischen der EU und Japan belief sich 2016 auf etwa 125 Milliarden Euro. Nach Einschätzung des Münchner Ifo-Instituts könnte das Volumen durch den Abbau von Handelsbarrieren stark gesteigert werden. Allein das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) könnte jährlich um bis zu 20 Milliarden Euro oder 0,7 Prozent höher ausfallen.

Auch der japanischen Wirtschaft winkt mit Jefta konjunktureller Auftrieb. Laut Ifo könnte das japanische BIP um bis zu 1,6 Prozent steigen. Damit das Abkommen zwischen der EU und Japan in Kraft treten kann, muss es noch von den Regierungen der EU-Staaten und dem EU-Parlament gebilligt werden. Dies soll im Laufe des kommenden Jahres erfolgen.

Japan für Österreich wichtig

Mit einem jährlichen Handelsvolumen von gut drei Milliarden Euro ist Japan nach China mit Abstand der zweitwichtigste Wirtschaftspartner Österreichs in Asien. Nach mehreren Jahren mit Exportwachstum gab es 2016 ein leichtes Minus von 1,3 Prozent auf 1,33 Milliarden Euro bei den Direktlieferungen nach Japan. Umgekehrt legten Österreichs Importe aus Japan um 5,8 Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro zu.

Mit Spannung wird erwartet, ob es – wie beim Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada – noch langwierige Diskussionen in Mitgliedstaaten geben wird. Kritiker fürchten auch beim Pakt mit Japan um europäische Standards. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sagte, kein Verbraucher müsse sich vor dem Abkommen fürchten. Die EU und Japan stünden für eine Weltwirtschaft mit "höchsten Standards ein". (red, dpa, Reuters, 8.12.2017)