Das "curiose" Paar spätbarocker Ecksitzbänke schmückte das Tafelzimmer und wurde 2014 für 13.720 Euro im Dorotheum ersteigert.

Foto: Dorotheum

Der kartuschenförmige Wandspiegel, Florenz um 1720 (Dorotheum, April 2014: 4500 Euro), hing zuletzt im Vorraum zur Garderobe …

Foto: Dorotheum

… wo auch der laut Dorotheumskatalog "wohl um 1750/60" in Oberitalien gefertigte spätbarocke Konsoltisch stand.

Foto: Dorotheum

Das barocke Laternen-Quartett, 2014 für 18.900 Euro im Auktionshaus "im Kinsky" erworben, zierte knapp vier Jahre lang die Prunktreppe des Winterpalais.

Foto: Im Kinsky

Ein mittelloser Flüchtling, der es innert einer Dekade zu Ruhm und enormem Vermögen brachte: Darauf könnte man Eugenio von Savoys erste Jahre in Wien reduzieren, noch bevor er zum anerkannten Türkenschreck avancierte. 1683 heuerte Prinz Eugen am Hofe Kaiser Leopold I. an, bereits 1694 kauft er in der Himmelpfortgasse die erste, im Folgejahr eine zweite Liegenschaft und beauftragte den Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach mit der Errichtung eines Stadtpalastes.

Die ursprüngliche Bau- und Ausstattungsgeschichte des bis heute erhaltenen Winterpalais dokumentiert den Aufstieg zu einem der bedeutendsten Feldherren des Habsburgerreichs. Als er im April 1736 verstarb, fiel es an den kaiserlichen Hof, der andere Besitz an seine Nichte: Anna Viktoria von Savoyen, die den Nachlass innert weniger Jahre verscherbelte, die Kunstsammlung ebenso wie sämtliche bewegliche Güter.

In alle Winde verstreut

Die originalen Einrichtungsgegenstände des Winterpalais sind seither in alle Winde verstreut. Ein kleiner Wermutstropfen, als anno 2012 die Idee zu einer Museumsnutzung aufkam. Seit 1848 war das Gebäude Sitz des k. k. Ministeriums für Finanzen und wurde von 2007 an einer aufwendigen Generalsanierung unterzogen, eine Restaurierung der Prunkräume inklusive. Maria Fekter (ÖVP) fand das Resultat beeindruckend, zu schön für ein schnödes Ministerbüro. "Agnes, willst das Winterpalais?", lautete die mittlerweile legendäre Frage an die damalige Belvedere-Direktorin im Sommer 2012. Husslein ließ sich kein zweites Mal bitten.

Unter den einst dort residierenden Spitzenbeamten kursierte eine andere Version der Geschichte. Demnach sei Fekters Angebot in Zusammenhang mit Michael Spindeleggers (ÖVP) Avancen auf ihr Ministeramt gestanden. Im Dezember 2013 übernahm er diese Funktion, Empfänge oder Budgetverhandlungen in barockem Rahmen waren da schon Geschichte. Denn von Oktober 2013 bis Anfang November 2017 fungierte das Palais dem Belvedere als zusätzlicher Standort.

Museumsbetrieb nicht kostendeckend

Als Draufgabe gab es Zuschüsse vom Finanzministerium, "da der Museumsbetrieb nicht kostendeckend ist", wie der Rechnungshof (RH) Anfang 2015 anmerkte. Er hatte vor allem die mit der kurzfristigen Nutzungsänderung verbundenen Kosten moniert, die aus der verzögerten Rückübersiedlung und aus "zusätzlichen Mietausgaben in Höhe von 1,7 Millionen Euro" sowie durch Umbauarbeiten für das Museum entstanden waren.

Die Mehrausgaben für bauliche Adaptierungen oder auch das Zutritts- und Sicherheitssystem bezifferte man auf 2,25 Millionen Euro. Auf aktuelle Anfrage verlautet aus dem Ministerium, diese RH-Schätzung sei bis heute nicht nachvollziehbar. Gesichert sind die monetären Zuwendungen: jährlich 2,55 Millionen Euro, über den gesamten Zeitraum insgesamt 10,21 Millionen Euro. Eine Quersubvention für das Belvedere, der Hans Jörg Schelling (ÖVP) ein Ende bereitete.

Die Liegenschaft wurde kürzlich ordnungsgemäß übergeben. Besenrein, also von "eigenen Fahrnissen geräumt". Einzig ein Kachelofen aus dem 18. Jahrhundert verblieb als Dauerleihgabe des Belvederes im sogenannten Tafelzimmer. Er war 2015 im Wiener Handel angekauft worden. Auf Anfrage wollte man keinen Kaufpreis bekanntgeben, vergleichbare Öfen werden in der Regel jedenfalls nicht unter 20.000 Euro gehandelt.

"Agi-Schick"

Es war nicht die einzige Anschaffung, die Standard-Recherchen zufolge seit Herbst 2013 und explizit im Hinblick auf das Winterpalais, jedoch unabhängig von Ausstellungen erfolgte. Ein manierlicher Anblick sei der Chefin wichtig gewesen, hört man. Besucher sollten sich ein wenig wie Prinzen und Prinzessinnen fühlen dürfen. Für den Vorraum der Garderobe wurde im April 2014 im Dorotheum ein Wandspiegel aus Florenz um 1720 (4500 Euro, inkl. Aufgeld) und ein spätbarocker Konsoltisch (13.720 Euro) ersteigert.

In der gleichen Auktion erwarb man eine französische Louis-XV.-Sitzbank mit Seidenstofftapezierung aus dem 19. Jahrhundert (7500 Euro) und ein im Katalog als "curioses" bezeichnetes Paar spätbarocker Ecksitzbänke (13.720 Euro) für das Tafelzimmer. Beliebt waren auch große Leuchter: ein Quartett barocker Laternen ("im Kinsky", 18.900 Euro) für die Prunkstiege, ein Paar klassizistischer Kandelaber von mehr als zwei Meter Höhe (Dorotheum, 14.940 Euro) für die Sala Terrena oder ein Kirchen-Osterleuchter für die Kapelle. Hauptsache gülden, scheint das Credo gewesen zu sein. Zu "neo" durfte der Anblick nicht sein, eine vordergründig alte Patina war willkommen, notfalls eben mit abgeriebener neuer Vergoldung. Hausintern soll sich dafür schnell der Begriff "Agi-Schick" durchgesetzt haben.

Mobilien besserer Güte

Unter den eigens für das Palais angekauften Mobilien befinden sich auch solche besserer Güte: etwa ein vermutlich um 1700 gefertigter Schreibtisch in Boulletechnik oder eine zierliche Kommode italienischer Herkunft, gefertigt wohl Mitte des 18. Jahrhunderts. Den Kaufpreis dieser beiden Objekte wollte das Belvedere im Detail nicht nennen, Experten halten einen Handelswert von zumindest 50.000 bzw. 35.000 Euro für wahrscheinlich.

Auf Anfrage beziffert das Belvedere den Umfang dieser spezifischen Ankäufe mit 54 Objekten zu einem Gesamtwert von 580.000 Euro. Bis auf den Kachelofen wanderte alles in das Depot und harrt dort nun anderweitiger Verwendung. Ebenso das Winterpalais. Das Finanzministerium plant eine Mischnutzung: mit Empfängen, etwa anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft, oder auch kulturellen Veranstaltungen.

Gerüchteweise war von einer Ausstellung mit Kunstwerken aus dem Besitz der Milliardärin und engen Husslein-Freundin Heidi Horten die Rede. Nun wird deren Sammlung unter dem Titel WOW! ab 16. Februar 2018 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert: im Leopold-Museum, kuratiert vom Vorstandsmitglied Agnes Husslein. (Olga Kronsteiner, Album, 9.12.2017)